Uneinigkeit im BGH
II. Zivilsenat und XI. Zivilsenat des BGH im Dissens zur Prospekthaftung
Im Januar 2021 hat der XI. Zivilsenat überraschend beschlossen, dass die für Fondsprospekte ab Mitte 2005 geltende spezialgesetzliche Prospekthaftung die Prospekthaftung im weiteren Sinn verdrängt. Weil die spezialgesetzliche Haftung viel schneller verjährt als die Prospekthaftung im weiteren Sinn, hat das fatale Auswirkungen für die Anleger, die noch mitten in Prospekthaftungsklagen stecken. Während der XI. Zivilsenat seit nunmehr zwei Jahren in weiteren Entscheidungen darum bemüht ist, den Anlegern alle möglicherweise noch offenen Türen zu versperren, ist seit Dezember 2022 klar, dass der II. Zivilsenat des BGH eine andere Auffassung vertritt. Grundsätzlich gilt, dass im Falle eines Dissenses zwischen zwei BGH-Senaten (was selten genug vorkommt) der Große Senat angerufen werden muss. Bei der vorliegenden Rechtsfrage sind hierfür die Voraussetzungen aber erst gegeben, wenn die andere Auffassung des II. Zivilsenats auch in eine Entscheidung münden würde. Dafür braucht es aber entsprechende Fälle beim II. Senat. In einem dieser Fälle hätte vorgestern die mündliche Verhandlung stattfinden sollen. Dann wäre es so weit gewesen. Aber hier haben — ein Schelm, der Böses dabei denkt — die beklagten Gründungsgesellschafter die Revision zurückgenommen. Damit wird der eine Fall im Sinne des klagenden Anlegers rechtskräftig, aber die Voraussetzungen für die Vorlage beim Großen Senat sind wieder entfallen. Der BGH hat gestern eine Presseerklärung dazu herausgegeben, die unter https://www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2023/2023056.html?nn=10690868 abrufbar ist. Er hat jetzt in weiteren Parallelverfahren die Revision zugelassen. Wir hoffen sehr, dass es bald zu einer Vorlage an den Großen Senat kommen wird. Der AAA und insbesondere seine Vorstandsvorsitzende Kerstin Kondert befassen sich im Anlegerschutzinteresse seit zwei Jahren nicht nur intensiv mit den rechtlichen und politischen Hintergründen, sondern betreiben auch aktiv Lobbyarbeit und sorgen dafür, dass neue Informationen und Erkenntnisse bei den FachanwältInnen, die auf Seiten der Anleger kämpfen, ankommen und verwendet werden. Wir stehen insofern auch als Anlaufstelle für alle insofern tätigen AnwältInnen zur Verfügung.
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Quelle: Aktionsbund