Wirecard: Insolvenzverwalter veröffentlicht 4. Sachstandsbericht
Im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Wirecard AG hat Insolvenzverwalter Dr. Michael Jaffé Endes des Jahres 2022 seinen vierten Sachstandsbericht veröffentlicht.
Darin macht Herr Jaffé deutlich, dass einer der Schwerpunkte der weiteren Verfahrensbearbeitung die (streitige) Durchsetzung von Ansprüchen gegen frühere Organe, wie zum Beispiel den ehemaligen Vorsitzenden Dr. Markus Braun, sein wird. Allerdings sei die Durchsetzung der Ansprüche mit einem hohen Aufwand verbunden. Die anhängigen Rechtsstreitigkeiten dürften noch mehrere Jahre in Anspruch nehmen.
Zudem hat sich die Insolvenzverwaltung im Prüfungszeitraum intensiv mit der weiteren Aufarbeitung des Sachverhalts beschäftigt. Besonderer Fokus lag hierbei auf dem sogenannten TPA-Geschäft (Drittpartnergeschäft). Hierzu konnte der Insolvenzverwalter die Kontoauszüge der fraglichen Treuhandkonten einsehen und feststellen, dass es das behauptete sowie bilanzierte TPA-Geschäft nie gegeben haben konnte. Damit widerspricht Herr Dr. Jaffé eindeutig der Darstellung des ehemaligen Wirecard-CEOs Markus Braun, der sich derzeit im Strafprozess vor dem Landgericht München verantworten muss. Braun bestreitet die gegen ihn erhobenen Vorwürfe. Aktuelle Informationen zum Strafprozess finden Sie hier.
Sind Aktionäre Gläubiger im laufenden Insolvenzverfahren?
Eine besondere Herausforderung stellte laut Insolvenzverwalter die Frage dar, ob (ehemalige) Aktionäre der Wirecard AG Gläubiger im Insolvenzverfahren im Rang des § 38 InsO sind, oder nicht. Hierzu hatte die Fondsgesellschaft Union Investment ein Feststellungsklageverfahren eingeleitet. Am 23. November 2022 entschied das Landgericht München I gegen die ehemalige Aktionärin und wies die Klage ab. Dies bedeutet, dass Aktionäre ihre Forderungen nicht als Gläubiger im Rang des § 38 InsO anmelden können. So können die Forderungen erst nach Befriedigung anderer Gläubiger (z.B. Zulieferer und Kreditgeber) bedient werden.
Allerdings gehen sowohl der Insolvenzverwalter als auch wir von der Kanzlei Schirp & Partner nicht davon aus, dass dieses Urteil rechtskräftig wird. Vielmehr wird der Bundesgerichtshof in dieser Grundsatzfrage entscheiden müssen.
Aufgrund der Entscheidung des Landgerichts München ist eine Feststellung der Forderungen der Aktionäre zur Insolvenztabelle derzeit nicht möglich, teilte der Insolvenzverwalter weiterhin mit. Ausdrücklich nicht von dieser Entscheidung betroffen sind Anleihegläubiger.
Der nächste Prüftermin wurde für den 19. Oktober 2023 angesetzt.
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