WIRECARD-Desaster: Interner Whistleblower warnte EY schon im Jahre 2016
Klägervertreter sehen Rückenwind für Klagen gegen EY
FT, 30. September 2020, Olaf Storbeck… | Die „Financial Times“ berichtet unter Verweis auf ein Addendum zum KPMG-Report vom 27.04.2020, dass bereits im Jahre 2016 ein EY-interner Whistleblower vor Unregelmäßigkeiten bei WIRECARD gewarnt habe. Konkret ging es um einen Unternehmenszukauf in Indien und Vorwürfe des „roundtripping“; zudem habe es einen Bestechungsversuch gegenüber einem EY-Prüfer gegeben.
Durch diesen Artikel sehen die Berliner Rechtsanwälte Dr. Wolfgang Schirp und Dr. Marc Liebscher sich vollauf bestätigt. Dr. Wolfgang Schirp: „Wir reichen bereits seit Juni 2020 für zahlreiche Anleger Schadensersatzklagen unmittelbar gegen EY ein, und zwar beim Landgericht in Stuttgart. Unsere Klagen basieren darauf, dass EY nach unserer Analyse „ins Blaue hinein“ angebliche Treuhandgelder testiert hat und auch weitere Bilanzmanipulationen bei WIRECARD nicht aufgedeckt hat. Die aktuelle Berichterstattung in der Financial Times bestätigt diese Annahmen nun spektakulär.“
Dr. Marc Liebscher: „Besonders bemerkenswert finden wir folgende Umstände: 1. Der Whistleblower kam intern von EY: Das heißt, das Wissen des Whistleblowers ist zunächst seiner EY-Einheit zurechenbar. 2. Das Headquarter von EY-Deutschland wurde durch den Whistleblower informiert: Das heißt, die Deutschland-Führung von EY und damit die deutschen EY-Prüfer von WIRECARD mussten um die Hinweise wissen. Das Wissen des Whistleblowers wird damit EY-Deutschland und den konkreten Prüfern voll zugerechnet. 3. Die Hinweise kamen nicht von außen zu EY, sondern direkt und intern durch einen eigenen Mitarbeiter. Damit waren die Vorwürfe für EY-Deutschland wesentlich glaubhafter. 4. Der Whistleblower informierte, dass es Bestechungsversuche der WIRECARD-Konzernführung gegenüber EY-Mitarbeitern gegeben habe. Daher hätte die deutsche EY-Führung besonders darauf achten müssen, eine sorgfältige und unabhängige Prüfung durchzuführen. Damit gerät die Führung von EY-Deutschland ins Visier: Was haben die unternommen, um eine rechtmäßige Prüfung zu gewährleisten?“
Dr. Wolfgang Schirp ergänzt: „Der Whistleblower informierte über „round-tripping“, das ist eines der Hauptwerkzeuge beim Aufblähen der Aktivseite der WIRECARD-Bilanz. Genau dies war Kern der zuvor gegen WIRECARD geäußerten Vorwürfe. Wesentlich erscheint uns auch: Die EY-Untersuchung wurde auf „Geheiß von Marsalek“ gestoppt. Das bedeutet, dass Marsalek Umfang und Intensität der Abschlussprüfung bestimmte, obwohl Vorwürfe gerade gegen seine Unternehmensführung in Asien vom EY-Mitarbeiter/Whistleblower vorgebracht worden waren. Was wussten die einzelnen Personen der EY-Führung in Stuttgart darüber?“
Dr. Marc Liebscher: „Die Verteidigungsversuche von EY („wir haben es aufgedeckt“; „WIRECARD war so kriminell, dass es nicht früher auffindbar war“) bekommen damit einen weiteren Riss. EY muss sich detailliert und nachvollziehbar erklären, wie sie verhindern wollen, dass derartige Fehlleistungen zukünftig erneut auftreten. Die APAS muss ihre Untersuchungen bei EY entsprechend erweitern. Wir sehen jedenfalls Rückenwind für unsere Schadensersatzklagen in Stuttgart“.
Für weitere Informationen stehen zur Verfügung:
Dr. Wolfgang Schirp
Schirp & Partner Rechtsanwälte mbB
Leipziger Platz 9, D – 10117 Berlin
Tel. 0049-30-3276170 und 0049-179-5320213
mail: schirp@schirp.com
URL: www.schirp.com
Dr. Marc Liebscher
Dr. Späth & Partner Rechtsanwälte mbB
Kurfürstendamm 102, D – 10711 Berlin
Tel.: 0049-30-88701617 und 0049-176-93150194
mail: marc.liebscher@gmx.net
URL: www.dr-spaeth.com