WIRECARD: Anleger verklagen Wirtschaftsprüfer Ernst & Young
Am gestrigen Montag, dem 8. Mai 2020, haben Schirp & Partner erste Klagen… von Privatanlegern gegen die Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (EY) beim Landgericht Stuttgart eingereicht. Mitverklagt werden deren verantwortliche Partner Andreas Budde (EY Nürnberg) und Martin Dahmen (EY München).
EY war und ist mit der Erstellung der Jahreskonzernbilanz der Wirecard AG betraut – der aktuelle Jahresabschluss für 2019 soll (nach mittlerweile dreimaliger Verschiebung) nun am 18. Juni 2020 veröffentlicht werden.
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Pflichtverletzung seitens Ernst & Young: Testat hätte nur eingeschränkt erteilt werden dürfen
Grundlage der für unsere Mandanten eingereichten Klagen ist in erster Linie, dass EY im Bestätigungsvermerk für den Jahresabschluss 2018 (der inhaltlich identisch auch für den Abschluss 2017 erging) nicht darauf hingewiesen hat, dass Vermögenswerte in Höhe von rund einer Milliarde Euro 2018 nicht ordnungsgemäß nachgewiesen worden waren: Für angebliche Treuhandguthaben in dieser Höhe haben keine Saldenbestätigungen der kontoführenden Banken vorgelegen, wie sich aus dem KPMG-Sonderbericht ergibt.
Bei einer solchen Sachlage hätte das Testat von EY entweder eingeschränkt oder zumindest um eine Ergänzung erweitert werden müssen. Gegen diese Pflicht eines Wirtschaftsprüfers, sich für wesentliche Cash-Positionen (sog. Zahlungsmitteläquivalente) entsprechende Saldenbestätigungen direkt von den kontoführenden Banken vorlegen zu lassen, hat EY verstoßen. In dem Umstand, dass die Bilanzierung von 1 Milliarde Euro Zahlungsmitteläquivalente ohne hinreichende Grundlage testiert wurde, ist eine sog. Bestätigung „ins Blaue hinein“ zu sehen. Dies ist nach der Rechtsauffassung von Schirp & Partner ausreichende Grundlage für eine Haftung von EY und den unterzeichneten Partnern nach § 826 BGB („vorsätzliche sittenwidrige Schädigung“); etwaige Haftungsbegrenzungen wie z.B. bei § 323 Abs. 2 HGB greifen in diesem Fall nicht.
Die durch uns vertretenen klagenden Privatanleger fordern den Ersatz des ihnen entstandenen Schadens, der sich aus der Differenz zwischen dem Kaufkurs und dem aktuellen Kurs der Aktie errechnet. Der Wert der Anteilsscheine war mehrfach eingebrochen, nachdem erstmals die Financial Times über Vorwürfe berichtet hatte, das Unternehmen habe seine Bilanzen manipuliert.
Darüber hinaus unterstützen und beraten Schirp & Partner zahlreiche institutionelle Investoren die derzeit ihrerseits prüfen, ob sie Klagen erheben werden.
Staatsanwaltschaft und Bafin ermitteln gegen Wirecard-Vorstand wegen Marktmanipulation
Die Klageeinreichungen der privaten Investoren gegen Wirecards Wirtschaftsprüfer EY erfolgen nur zwei Tage nach der Durchsuchung der Geschäftsräume des Dax-Konzerns aufgrund einer Strafanzeige der Finanzaufsicht Bafin gegen den Vorstand.
Laut der ermittelnden Staatsanwaltschaft München I bestehe der Verdacht, „dass die Verantwortlichen der Wirecard durch die Ad-hoc-Mitteilungen vom 12.03.20 und vom 22.04.20 irreführende Signale für den Börsenpreis der Aktien der Wirecard AG gegeben haben könnten“ – der Vorwurf lautet also auf Marktmanipulation.
Die zwei Ad-hoc-Mitteilungen bezogen sich auf das Ergebnis der durch das Wirecard-Management initiierten und von KPMG durchgeführten Sonderprüfung der eigenen Bilanzierungs- und Geschäftspraktiken und suggerierten, dass die im Raum stehenden Vorwürfe ausgeräumt werden würden, was jedoch bis dato nicht eingelöst werden konnte.
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