Volkswagen-Abgasskandal – Erfreuliche Entwicklung für Aktionäre: Das Landgericht Braunschweig ermöglicht das Musterverfahren
Volkswagen-Abgasskandal: Es droht keine Verjährung zum 19. September 2016!
Berlin, den 14. September 2016
Das Landgericht Braunschweig hat nun mit Vorlagebeschluss vom 5. August 2016 das Musterverfahren ermöglicht. Die Sache liegt nun den Oberlandesgericht Braunschweig zur weiteren Entscheidung vor. Geschädigte Aktionäre, die bisher noch nicht geklagt haben, können in Kürze im Rahmen der Teilnahme am vergleichsweise günstigen Musterverfahren ihre Ansprüche anmelden lassen, ohne selbst klagen zu müssen. Ziel des Musterverfahrens ist es, für die Aktionäre einheitlich vom Oberlandesgericht Braunschweig feststellen zu lassen, dass die Volkswagen AG als börsennotiertes Unternehmen ihre Ad-hoc-Mitteilungspflicht verletzt und sich somit gegenüber den Anlegern schadensersatzpflichtig gemacht hat. Das Oberlandesgericht hat nun als nächstes die Aufgabe, einen Musterkläger zu bestimmen und das Musterverfahren im Klageregister des Bundesanzeigers öffentlich bekannt zu machen. Bis es aber soweit ist, können noch einige Wochen oder Monate vergehen. Erst dann wäre die Anmeldung der Ansprüche möglich, wobei wir fast kaum damit rechnen, dass dies noch in diesem Jahr passieren wird.
Durch diese Verzögerungen droht keine Verjährung!
Es wird von einigen Stimmen dazu aufgerufen, noch vor dem 18. September 2016 verjährungshemmende Maßnahmen zu ergreifen, wie z. B. durch eine kostenintensivere Klage, da eine Verjährung drohen würde. Das ist jedoch keineswegs der Fall, sondern dient offenkundig vor allem der Panikmache. Schadensersatz-ansprüche der Volkswagen-Aktionäre wegen unter-lassener Ad-hoc-Mitteilungspflicht verjähren grundsätzlich erst zum 31. Dezember 2018! Der Hintergrund ist, dass der Gesetzgeber zum 10. Juli 2015 die kurzen Verjährungsregeln des Wertpapierhandelsgesetzes für die maßgebliche Schadensersatzvorschrift aufgehoben hat. In dem Bericht des Finanzausschusses mit Beschluss-empfehlung heißt es eindeutig:
„Die Verjährungsregelungen des BGB sind damit auf alle Ansprüche nach § 37 b I und § 37 c I anzuwenden, die bei Inkrafttreten der Änderung bestehen und noch nicht verjährt sind.“
Daher ist die Panikmache völlig unbegründet!
Im Falle der Volkswagen-Abgasaffaire ergibt sich folgender zeitlicher Ablauf: Am 18. September 2015 hat die Öffentlichkeit vom Volkswagen-Abgasskandal erfahren, somit beginnt die Verjährungsfrist mit Ablauf des 31. Dezembers 2015 und die Verjährung tritt zum 31. Dezember 2018 ein. Allerdings gilt dies lediglich für diejenigen Aktionäre, die ihre Aktien innerhalb des Zeitraumes vom 10. Juli 2012 bis zum 18. September 2015, 17 Uhr (Börsenschluss) kauften und noch am 18. September 2015 Inhaber dieser Aktien waren. Die Reform greift nämlich nur bei Ansprüchen, die am Tag des Inkrafttretens der Neuregelung am 10. Juli 2015 bestanden und noch nicht verjährt waren.
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Vor dem 10. Juli 2012 erworbene Aktien: Ansprüche sind grundsätzlich bereits verjährt; wir sehen aber dennoch eine Möglichkeit der Geltendmachung (s. u.).
- Am oder nach dem 10. Juli 2012 erworbene Aktien: Verjährung tritt erst zum Jahresende 2018 ein.
Volkswagen-Abgasskandal: Handlungsempfehlungen für VW-Aktionäre:
Wer zwischen dem 10. Juli 2012 und dem 18. September 2015 Volkswagen-Aktien erworben hat, sollte nicht in Panik geraten – auch nicht angesichts der durch die Medien verbreiteten Auffassung zur Verjährung. Es muss nicht zwangsläufig bis zum 18. September 2016 geklagt oder eine sonstige verjährungshemmende Maßnahme ergriffen werden. Vielmehr ist jetzt Abwarten angezeigt, bis das Oberlandesgericht Braunschweig einen Musterkläger bestimmt hat. Sodann können die Schadensersatzansprüche kostengünstig – vertreten durch einen Rechtsanwalt – angemeldet werden. Und auch Anlegern, die vor dem 10. Juli 2012 Aktien der Volkswagen AG erworben haben und für die also nach dem Wertpapierhandelsgesetz schon Verjährung einge-treten ist, bleibt noch eine realistische Chance, ihre Schadensersatzansprüche trotzdem durchzusetzen. Schließlich kommt aufgrund des verwerflichen Verhaltens seitens der Volkswagen AG auch eine deliktische Haftung in Betracht. Ansprüche aus Delikt verjähren ohnehin gemäß der regelmäßigen Verjährungsfrist nach drei Jahren ab Kenntnis, also ebenfalls zum 31. Dezember 2018.