Hamburg Trust Finest Selection 1 und 2
Ursprünglich war vorgesehen, dass sich die beiden Fondsgesellschaften Hamburg Trust HTG USA 2 GmbH & Co. KG (Finest Selection 1) und Hamburg Trust HTG USA 4 GmbH & Co. KG (Finest Selection 2) zusammen mit der Paramount Group Inc. der bekannten Hamburger Unternehmerfamilie Otto (hierin hatten die Ottos ihre eigenen US-Immobilieninvestments gebündelt) an hochwertigen Büroimmobilien in den USA zu beteiligen sollten. Doch es sollte anders kommen…
Der Fonds Finest Selection 1 wurde von 2007 bis 2011, der Fonds Finest Selection 2 von 2009 bis 2011 aufgelegt und vertrieben. Zu dieser Zeit war der Einstieg in den Markt für US-Immobilien relativ günstig möglich und zudem war der Dollar vergleichsweise schwach, sodass ein Investment in US-Dollar sehr lukrativ war.
Beide Fonds konnten von deutschen Privatanlegern Beteiligungen in zweistelliger Millionenhöhe einwerben. Dabei wurde in den Prospekten des Hamburg Trust Finest Selection 1 und 2 (ein „Investment für privilegierte Anleger“, so der Prospekt), maßgeblich mit dem Namen der Familie Otto und ihrer Reputation geworben.
2014 wurden dann jedoch die beiden Fonds für den Börsengang mit anderen Fonds gepoolt und ohne eine Beteiligung der Anleger in einen von der Paramount Group Inc. gegründeten REIT (Real Estate Investment Trust, also eine Immobilienaktiengesellschaft) eingebracht. Das deutsche Fondsmanagement informierte seine Anleger erst ganze sechs Monate später über den Vorgang und versäumte es, sie vor diesem Schritt zu schützen, der letztlich den Verlust von fast 50 Prozent ihres Investments bedeutete. So betrug beispielsweise der Nettoinventarwert des Finest Selection 1 vor dem Börsengang 41,8 Millionen US-Dollar – danach konnte nur noch ein Kurswert von 23,3 Millionen US-Dollar erzielt werden. Im Finest Selection 2 war die (negative) Wertentwicklung vergleichbar.
Verantwortlich waren die hohen Bewertungsabschläge bei der Einbringung (fast 400 Millionen US-Dollar), die anfallenden Kosten (darin u.a. Kosten für „incentive distribution“ und „employee compensation“, also Zusatzvergütungen für die handelnden Akteure in Höhe von 28,2 Millionen US-Dollar und 65 Millionen US-Dollar) und eine schlechte Kursentwicklung. Die Gesamtkosten des Börsengangs beliefen sich laut Berechnungen der Beratungsgesellschaft Duff & Phelps in ihrer „fairness opinion“, die Bewertungen aller in den REIT eingebrachten Vermögenswerte enthält, auf 609,3 Millionen US-Dollar.
Eine Schlüsselfigur war bei alledem Albert P. Behler, Chief Executive Officer (CEO) der Paramount Group Inc.. Behler wurde 2009 zusätzlich Hauptgesellschafter der Hamburg Trust Grundvermögen und Anlage GmbH, an der er sich in diesem Jahr mittelbar mit 60 Prozent beteiligt hatte und damit eine beherrschende Stellung einnahm. Nach Auffassung des Landgerichts Hamburg und des Hanseatischen Oberlandesgerichts sei aufklärungspflichtig gewesen, dass Behler gleichzeitig CEO auf der US-Seite und in der Cayman-Inseln-Zwischengesellschaft war, und 2009 auch auf der deutschen Seite faktischer Geschäftsherr der beiden Fonds wurde. Somit fand seit diesem Zeitpunkt quasi keine Kontrolle mehr statt: Herr Behler war in Personalunion Geschäftsführer für die Familie Otto und beherrschte die Fonds, an denen sich die deutschen Anleger beteiligt hatten. Letztlich trug dieser Umstand maßgeblich dazu bei, dass die Fondsgeschäftsführung tatenlos zusah und abnickte, als die Familie Otto ungebremst und auf Kosten der deutschen Anleger ihre Vermögensinteressen durchsetzte.
Klagen geschädigter Anleger von Finest Selection 1 und Finest Selection 2 wegen Prospektfehlern, die z.T. bereits erfolgreich abgeschlossen werden konnten, richteten sich gegen die Hamburg Trust Asset und Fonds Management HTAF GmbH und die Hamburg Trust Verwaltung HTV USA GmbH als Gründungsgesellschafterinnen der beiden Fonds. Beim Finest Selection 1 ist ein Musterverfahren vor dem Oberlandesgericht Hamburg anhängig (mündliche Verhandlung soll am 24. Juni 2020 sein). Beim Finest Selection 2 werden die Prospekthaftungsverfahren einzeln durchgeführt; hier steht in den ersten Verfahren ein richtungsweisendes Urteil des Bundesgerichtshofes ins Haus. Ein individuelles Vorgehen ist aufgrund der Verjährung der Ansprüche hier leider nicht mehr möglich, soweit Klagen noch nicht eingereicht worden sind.
Außerdem vertritt die Kanzlei Schirp & Partner derzeit die Fondsgesellschaften in Klagen gegen die Geschäftsführung. Ein erster Verhandlungstermin hat in beiden Verfahren stattgefunden. Beweisaufnahmen sind anberaumt, konnten aber wegen Corona-bedingter Terminabsagen noch nicht durchgeführt werden.