Update: Abschlussbericht des WIRECARD-Untersuchungsausschusses
Seit mehr als einem Jahr beschäftigen wir uns mit dem Wirecard-Zusammenbruch und seinen Folgen.
Dabei wird immer deutlicher, wie schwerwiegend die Versäumnisse des Wirtschaftsprüfers EY tatsächlich waren. Von besonderem Interesse bei unseren Untersuchungen ist auch der Abschlussbericht des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses, der am 22. Juni 2021 veröffentlicht wurde.
Wir haben den Bericht mithilfe von Experten ausgewertet und möchten die wichtigsten Erkenntnisse in der Folge erläutern. EY selbst geht hingegen gerichtlich gegen die Veröffentlichung des Abschlussberichts vor – entgegen eigener Aussagen, an der Aufklärung des Sachverhaltes mitwirken zu wollen.
- Das Fehlen einer kritischen Grundhaltung
Die Wirtschaftsprüfer von EY haben bei ihrer Arbeit nicht mit der kritischen Grundhaltung agiert – davon gehen auch die Abgeordneten des Untersuchungsausschusses aus. Nach § 43 Abs. 4 der Wirtschaftsprüferordnung und IDW Prüfungsstandard 400 muss bei der Jahresabschlussprüfung stets eine kritische Grundhaltung angewendet werden, die im Fall von EY und Wirecard aber offensichtlich fehlte.
- Der Umgang mit dem „Project Ring“
Hierbei handelt es sich um eine forensische Untersuchung durch EY, die allerdings von den Wirtschaftsprüfern im eigenen Haus missachtet wurde.
- Die Prüfung des Jahresabschlusses 2016
Hier muss man davon ausgehen, dass von EY verlangte Prüfungsnachweise nicht existent waren. Dennoch erteilte EY – nach vorheriger Warnung gegenüber Wirecard – das Testat. Allerdings nur aufgrund mündlicher Zusagen des Wirecard-Vorstands.
- Die Prüfung der Treuhandkonten im Rahmen der Abschlussprüfung des Geschäftsjahres 2018
EY hat zwar einzelne Saldenbestätigungen der Treuhänder erhalten, dabei handelte es sich jedoch um simple Fälschungen. Außerdem gibt es Hinweise darauf, dass EY Wirecard zur Einrichtung der Treuhandkonten im Jahr 2015 geraten und maßgeblich an der Konzeption beteiligt war.
- Die Prüfung des Drittpartnergeschäfts
Das „Concurrence Memorandum“ beweist ein Grundverständnis des Wirtschaftsprüfers für das Geschäftsmodell der Wirecard AG. Dennoch muss EY wesentliche Prüfungshandlungen in Bezug auf das Drittpartnergeschäft unterlassen haben. Anderenfalls wäre die Nichtexistenz dieses Geschäfts bereits vor Jahren offenbar geworden.
Die Kanzlei Schirp & Partner hat Zugang zu weiteren umfangreichen Materialien, die eine Pflichtverletzung von EY belegen.