Untersuchungsausschuss im Bundestag zu Wirecard und EY

Seit Juni 2020 rei­chen wir – als erste An­walts­kanz­lei über­haupt – täg­lich wei­tere Kla­gen ge­gen EY ein und sind der Mei­nung, dass auch jene von Ih­nen, die sich bis­lang nicht zu ei­ner Klage ent­schie­den ha­ben, jetzt kla­gen sollten.

Un­sere Über­zeu­gung, dass die Kla­ge­aus­sich­ten ge­gen EY au­ßer­or­dent­lich gut sind, stützt sich u.a. auf ak­tu­elle Er­kennt­nisse aus dem 3. Par­la­men­ta­ri­schen Un­ter­su­chungs­aus­schuss des Deut­schen Bun­des­ta­ges zur Wire­card AG. Am 18. und 19. März 2021 hat der Un­ter­su­chungs­aus­schuss näm­lich zen­trale Zeu­gen ver­nom­men. Aus die­sen Zeu­gen­ver­neh­mun­gen konn­ten wir viele wich­tige, und für uns sehr hilf­rei­che Er­kennt­nisse, für Ihre Investoren-​Klagen ge­gen EY gewinnen.

Saldenbestätigungen notwendig gewesen

In der Ver­neh­mung der füh­ren­den EY-​Wirtschaftsprüfer mach­ten die Ab­ge­ord­ne­ten des Un­ter­su­chungs­aus­schus­ses klar, dass sie ein­stim­mig der An­sicht sind, dass EY bei der Tes­tie­rung der Jah­res­ab­schlüsse von Wire­card auf Vor­lage von Sal­den­be­stä­ti­gun­gen der kon­to­füh­ren­den Ban­ken hätte be­stehen müs­sen. Die­ser An­sicht folg­ten nicht nur die Ab­schluss­prü­fer der Auf­sichts­stelle (APAS) beim Bun­des­wirt­schafts­mi­nis­te­rium, son­dern auch die Bun­des­re­gie­rung (in ei­ner An­frage ei­nes Mit­glieds des Un­ter­su­chungs­aus­schus­ses) so­wie das In­sti­tut der Wirt­schafts­prü­fer (IDW). Dies stützt die zen­trale Ar­gu­men­ta­tion un­se­rer Klage ge­gen EY, dass EY die Jah­res­ab­schlüsse der Wire­card AG ohne die Vor­lage von Sal­den­be­stä­ti­gun­gen durch die Ban­ken, wel­che die be­haup­te­ten Treu­hand­kon­ten ge­führt ha­ben sol­len, nicht un­ein­ge­schränkt hätte tes­tie­ren dürfen.

Keinerlei Hinweise zu TPA-​Geschäft in WIRECARD Konzern

Der Compliance-​Chef des Wire­card Kon­zerns (Stein­hoff) be­zeugte eine nach In­sol­venz der Wire­card vor­ge­nom­me­nen Un­ter­su­chung des Kon­zerns. Trotz mehr­mo­na­ti­ger Re­cher­che mit ei­nem mehr­köp­fi­gen Team konnte er kei­ner­lei Hin­weise da­für fin­den, dass im Kon­zern das ver­meint­li­che TPA Ge­schäft tat­säch­lich be­trie­ben wurde. Dies ist des­halb er­heb­lich, da die auf den Treu­hand­kon­ten ver­meint­lich ver­buch­ten 1,9 Mrd. € ge­rade Er­löse aus die­sem TPA-​Geschäft ge­we­sen sein sol­len. Der Zeuge legte dar, dass im kom­plet­ten Wire­card Kon­zern kei­ner­lei Hin­weise auf Kom­mu­ni­ka­tion mit Mer­chants oder TPA-​Partnern, auf Ver­triebs­ak­ti­vi­tä­ten, Preis­lis­ten oder Mar­ke­ting­kom­mu­ni­ka­tion auf­find­bar wa­ren. Kein ein­zi­ger Mer­chant oder TPA-​Partnern konnte als Kunde iden­ti­fi­ziert werden.

Auch nach Ein­stel­lung des TPA-​Geschäfts im Zuge der In­sol­venz der Wire­card AG habe sich kein ein­zi­ger Mer­chant oder TPA-​Partnern bei der Wire­card AG we­gen Ver­trags­fra­gen, Rück­zah­lun­gen oder der tech­ni­schen Ab­schal­tung von Payment-​Services ge­mel­det. Im Er­geb­nis war trotz er­heb­li­cher An­stren­gun­gen also nicht mög­lich, bei der Wire­card AG über­haupt ir­gend­wel­che Spu­ren des in den Ge­schäfts­be­rich­ten be­haup­te­ten TPA-​Geschäfts zu finden.

Wir sind der Über­zeu­gung, dass EY das völ­lige Feh­len jeg­li­cher Hin­weise für die Exis­tenz des TPA-​Geschäfts bei der Prü­fung der Jah­res­ab­schlüsse der Wire­card AG hätte auf­fal­len müs­sen. Dies ist eine wei­tere Stütze für Ihre Kla­gen ge­gen EY.

EY entwickelte Konzept zu TPA-​Geschäft und forderte Beendigung der KPMG-Prüfung

Im Un­ter­su­chungs­aus­schuss des Bun­des­ta­ges tauch­ten Do­ku­mente auf, die na­he­le­gen, EY habe die Idee der Treu­hand­kon­ten selbst ent­wi­ckelt. Dar­aus schloss der Vor­sit­zende des Un­ter­su­chungs­aus­schus­ses, dass EY wusste, dass das TPA-​Geschäft der Ver­schleie­rung von über­fäl­li­gen For­de­run­gen, der Ver­mei­dung von Wert­be­rich­ti­gun­gen und der Er­mög­li­chung des Bi­lanz­skan­dals die­nen sollte. Wört­lich sagte er, EY habe „die Wei­chen für den Be­trug gestellt“. 

Ziel des Kon­zepts war, zu ver­de­cken, dass die (an­geb­li­chen) Ge­schäfte von Wire­card mit sog. „third party acquiring“-Unternehmen nicht exis­tier­ten. Da es sich da­bei in gro­ßen Tei­len um Luft­bu­chun­gen han­delte, wur­den die For­de­run­gen von Wire­card aus die­sen Ge­schäf­ten nie be­zahlt. Man hätte also in der Bi­lanz Jahr für Jahr rie­sige For­de­run­gen aus­wei­sen müs­sen, die nie­mals be­zahlt wur­den. Ir­gend­wann wä­ren Fra­gen auf­ge­kom­men, wo­durch man die Täu­schung nicht end­los hätte wei­ter­füh­ren kön­nen. Die „Lö­sung“, die mit Hilfe von EY aus­ge­heckt wurde: Mit Hilfe der Treu­hand­kon­ten konnte der Ein­druck er­weckt wer­den, dass das Geld längst ein­ge­gan­gen war. Wenn sich diese Hin­weise er­här­ten, han­delt es sich um eine ak­tive Mit­tä­ter­schaft der EY-​Verantwortlichen bei den Be­trü­ge­reien von Wirecard.

Dies suchte EY zu ver­de­cken. Der letzte Vor­sit­zende des Auf­sichts­rats der Wire­card AG (Ei­chelm­ann) be­zeugte im Aus­schuss, dass Ver­tre­ter von EY im Juni 2020 im Bei­sein sei­ner Rechts­an­wäl­tin von der Wire­card AG for­der­ten, man solle die noch lau­fende KPMG-​Sonderuntersuchung so­fort ein­stel­len, an­dern­falls würde EY den Jah­res­ab­schluss 2019 nicht testieren.

Zahlreiche Mängel bei von EY geprüfter WIRECARD Bank AG

Der Lei­ter der Ban­ken­prü­fung bei PWC (Hauke) be­zeugte im Aus­schuss, dass bei der von ihm erst­ma­lig ver­ant­wor­te­ten Prü­fung der Wire­card Bank AG 2018/2019 un­ge­wöhn­lich viele und schwer­wie­gende, ne­ga­tive Fest­stel­lung ge­trof­fen wor­den wa­ren. Dies be­traf ins­be­son­dere den Be­reich Kre­dit­ver­gabe und Geld­wä­sche. Die Prü­fung der Wire­card Bank AG in den Vor­jah­ren hatte stets EY ge­leis­tet und der Wire­card Bank AG im­mer un­ein­ge­schränkte Be­stä­ti­gungs­ver­merke er­teilt. Of­fen­sicht­lich wa­ren EY die Fest­stel­lun­gen der PWC ent­gan­gen. Da­her war es EY auch nicht auf­ge­fal­len, dass die Kre­dit­ver­gabe der Wire­card Bank AG an so­ge­nannte „stra­te­gi­sche Kun­den“ des Wire­card Kon­zerns wohl aus­schließ­lich dazu diente, Gel­der aus der Bank Ab­zu­pum­pen und an Wire­card-Hin­ter­män­ner zu leiten. 

Die Ab­schluss­prü­fer von EY hät­ten bei der Prü­fung der Wire­card Bank AG also mer­ken müs­sen, dass dies zur Aus­plün­de­rung des Wire­card Kon­zerns und zur Um­set­zung der Bi­lanz­be­trü­ge­reien im Kon­zern diente. Auch die­ses Ar­gu­ment kön­nen wir für Ihre Kla­gen einbringen.

Weitere Erkenntnisse gegen EY

Zen­tral ist für uns: Die APAS ver­tritt schrift­lich die Auf­fas­sung, EY er­stellte bei der In­for­ma­tion des Auf­sichts­ra­tes der Wire­card AG über die fo­ren­si­sche EY-​Prüfung „Pro­ject Ring“, so wört­lich, „eine schrift­li­che Schutz­do­ku­men­ta­tion für den Auf­sichts­rat“. Auf­fal­lend war auch: EY soll kurz nach der an­ge­kün­dig­ten Ver­sa­gung des Testats für das Jahr 2016 (Ende März 2017) und kurz vor der „Dann-​doch-​Erteilung“ des Testats für das Jahr 2016 (An­fang April 2017) ei­nen Zu­satz­auf­trag im Wert von EUR 400.000 von der Wire­card AG er­hal­ten ha­ben. Im wei­te­ren Ver­lauf des Jah­res 2017 soll dann noch ein wei­te­rer Zu­satz­auf­trag in glei­cher Höhe er­teilt wor­den sein. Wenn sich diese In­for­ma­tio­nen er­här­ten, stellt sich die Frage nach di­rek­ter Be­stechung, die Wire­card ge­gen­über EY vor­ge­nom­men ha­ben könnte. 

Au­ßer­dem konn­ten wir die Aus­sage des In­sol­venz­ver­wal­ters do­ku­men­tie­ren, dass der Cash­flow in der Wire­card AG ohne das (nicht exis­tente) TPA-​Geschäft be­reits seit 2016 ne­ga­tiv war und der Un­ter­su­chungs­aus­schuss der An­sicht ist, dass den Ab­schluss­prü­fern von EY dies schon 2016 hätte auf­fal­len müssen. 

Deut­lich wurde fer­ner, dass bei der Prü­fung der Ver­läss­lich­keit der Treu­hän­der die EY-​Abschlussprüfer nicht wuss­ten, dass der Treu­hän­der Ci­ta­delle, der rd. 1 Mrd. € an Treu­hand­gel­dern aus dem TPA-​Geschäft für Wire­card ver­wal­tet ha­ben soll, nicht über die ge­setz­lich er­for­der­li­che Treuhänder-​Lizenz ver­fügte. Die Kennt­nis hier­über war nach An­sicht des Un­ter­su­chungs­aus­schus­ses für EY ein­fach zu erlangen.

Na­tür­lich ha­ben wir auch jen­seits der vor­an­ste­hen­den In­for­ma­tio­nen zahl­rei­che wei­tere Hin­weise er­hal­ten, die Ihre Klage ge­gen EY stüt­zen. Ins­ge­samt kön­nen wir fest­hal­ten, dass die Er­kennt­nisse und Ar­beits­er­geb­nisse des Un­ter­su­chungs­aus­schus­ses die von uns ein­ge­reich­ten Kla­gen ge­gen EY voll stüt­zen. Dies soll­ten Sie nut­zen.

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