P&R: Stellungnahme zur Aussendung des Insolvenzverwalters vom 29.04.2019
Der Insolvenzverwalter Dr. Jaffé schreibt ab Anfang dieser Woche alle 54.000 Anleger an. Neben einem 9-seitigen Anschreiben und 10 Seiten FAQ´s erhalten Sie zwei Vereinbarungen, die Sie unterschrieben zurückreichen sollen. Unsere Kanzlei hat die Unterlagen ausgewertet… Nachfolgend unterbreiten wir Ihnen unsere Einschätzung und unsere Empfehlungen.
1. Zur Tonlage der Schreiben und zur Umstellung der Schadensberechnung
Herr Dr. Jaffé schreibt sehr gut und ausgewogen. Vordergründig ist das die pure „Stimme der Vernunft“. Auch da, wo Herr Dr. Jaffé in erster Linie seine Eigeninteressen verfolgt – und dies ist an einigen Stellen der Fall – , fällt dies auf den ersten Blick nicht auf.
Die Umstellung der Schadensberechnungen auf das „negative Interesse“ – weg von vermeintlichen Erfüllungsansprüchen, hin zu Schadensersatzansprüchen – halten wir für richtig. Wir haben unseren Forderungsanmeldungen in der Vergangenheit schon diese Systematik zugrundegelegt (und sind durchaus zufrieden, dass der Insolvenzverwalter sich dieser Betrachtungsweise nunmehr anschließt). Gegen die Ermittlung der Höhe der Forderungsanmeldungen ist gleichfalls nichts zu sagen. Es ist nichts Wesentliches übersehen worden.
2. Die „Hemmungsvereinbarung“
Die „Hemmungsvereinbarung“ können Sie – ob Sie nun Zertifikateinhaber sind oder nicht – unbesorgt unterzeichnen. Zwar dient diese Hemmungsvereinbarung, trotz ihrer vordergründig beidseitigen Ausgestaltung, ausschließlich Jaffés Interessen. Denn nur _seine_möglichen Rückforderungsansprüche nach § 134 der Insolvenzordnung (InsO) sind tatsächlich verjährungsbedroht, nur ihm hilft also die Hemmung der Verjährung. Aber wer diese Hemmungsvereinbarung nicht unterzeichnet, zieht nur frühzeitige rechtliche Auseinandersetzungen auf sich. Damit ist nichts gewonnen.
Zum Hintergrund des § 134 InsO: Das ist ein schwieriges und gefährliches Thema für alle P&R-Anleger. Nach dieser Vorschrift kann der Insolvenzverwalter „unentgeltliche“ Leistungen, die P&R an die Anleger erbracht hat, bis zu 4 Jahre vor Insolvenzeröffnung zur Masse zurückverlangen. Das wären in Summe mehr als eine halbe Milliarde EURO, die Herr Dr. Jaffé im Extremfall zur Masse einfordern könnte und die die Anleger wieder hergeben müssten. Ein wäre ein weiterer Tiefschlag, zumal die Anleger ohne Ausnahme gutgläubig waren und ihre eigenen Verpflichtungen voll erfüllt haben. Ungeklärt ist aber, ob es sich bei den Auszahlungen von P&R tatsächlich um „unentgeltliche“ Auszahlungen im Sinne von § 134 InsO gehandelt hat, ob Herr Dr. Jaffé also überhaupt eine Rechtsgrundlage für Rückforderungen hat. Hierzu ist folgendes zu sagen:
– Die Rechtsprechung bejaht bei Schneeballsystemen gelegentlich die „Unentgeltlichkeit“, wenn es den Investitionsgegenstand – hier also die Container – in Wahrheit nicht gegeben hat. Einfach gesagt: Wer Mietzahlungen oder Rückkaufpreise für einen nicht existierenden „Phantom-Container“ erhalten hat, der hat eine „unentgeltliche“ Leistung erhalten, die der Insolvenzverwalter zurückfordern könnte.
– Wir meinen aber nach sorgfältiger rechtlicher Prüfung, dass es glücklicherweise doch ein Stück besser für die Anleger aussieht. Denn es kommt nicht darauf an, ob die Container existierten oder nicht, sondern ob den Auszahlungen an die Anleger wirksame vertragliche Vereinbarungen zugrundelagen. Und das ist jedenfalls hinsichtlich der Mietzahlungen der Fall: Hier lagen unbedingte, bis auf den Cent festgelegte Vereinbarungen zugrunde, auf deren Erfüllung jeder Anleger Anspruch hatte. Wenn diese Ansprüche der Anleger erfüllt worden sind, dann war das keine „unentgeltliche“ Leistung seitens P&R. Unsicherer ist die Lage bezüglich der Rückkaufpreise. Denn diese sind in den vergangenen Jahren nicht mehr unbedingt vereinbart gewesen, sondern sie wurden – aus steuerlichen Gründen – nur verklausuliert in den Werbematerialien versprochen, aber nicht mehr in einer konkreten Höhe in die Verträge aufgenommen. Aber auch bezüglich der Rückkaufpreise werden wir dafür kämpfen, dass die Anleger sie behalten dürfen. Immerhin ist auch der Rückkauf der Container 43 Jahre lang ein nicht in Frage zu stellender Bestandteil des P&R-Gesamtpaketes gewesen, so dass wir zumindest sehr dicht an eine unbedingte vertragliche Verpflichtung herankommen.
Wie auch immer die materielle Rechtslage am Ende des Tages gerichtlich entschieden werden wird: Die „Hemmungsvereinbarung“ ist jedenfalls insoweit vernünftig, als jeder Anleger, der sie unterzeichnet, erst einmal von Rechtsstreitigkeiten verschont bleibt. Da dies ausdrücklich ohne Anerkenntnis irgendwelcher Rechtspflichten geschieht, kann und soll diese Vereinbarung gern unterzeichnet und zurückgesandt werden.
3. Zur „Vergleichsvereinbarung“
Bezüglich der „Vergleichsvereinbarung“ ist nach unserer Auffassung strikt zu unterscheiden, ob Sie Zertifikateinhaber oder Nichtzertifikateinhaber sind:
– Wer kein Zertifikat hat – und dies betrifft leider ca. 92 % der Anleger -, kann den Jaffé-Weg in vollem Umfang mitgehen und auch die „Vergleichsvereinbarung“ unterzeichnen. Wir sehen keine Möglichkeit, individuell bessere Ergebnisse im Insolvenzverfahren zu erstreiten.
– Wer allerdings ein Zertifikat hat, der sollte die Vergleichsvereinbarung nur dann unterzeichnen, wenn ein Rechtsstreit in jedem Fall ausgeschlossen werden soll. Denn als Zertifikateinhaber würde man damit seine Sonderrechte aufgeben. Herrn Dr. Jaffés pauschale Behauptung, alle Anleger – auch soweit sie Zertifikate für ihre Container besitzen – hätten kein Eigentum erworben, teilen wir ausdrücklich nicht. Im Gegenteil meinen wir, die Eigentümerstellung auch in etwaigen gerichtlichen Verfahren belegen zu können. Wenn dann der Zertifikateinhaber auch noch die tatsächliche Existenz seiner Container nachweisen (seine Container „tracken“) kann, dann kann er unseres Erachtens Absonderung/Aussonderung hinsichtlich der Mieterträge für die eigenen Container und der mit ihnen erzielten Verwertungserlöse durchsetzen. Das würde zu einer wesentlichen Verbesserung des wirtschaftlichen Ergebnisses führen.
– Für die Durchsetzung dieser Sonderrechte wird der Zertifikateinhaber allerdings kämpfen müssen. Denn Herr Dr. Jaffé hat deutlich gemacht, dass er individuelle Sonderrechte keinesfalls freiwillig anerkennen wird. Es wird also eine Feststellungsklage gegen Herrn Dr. Jaffé brauchen oder aber eine Zahlungsklage gegen die Schweizer E&F Corp, wenn diese nach unserer Auffassung bestehenden Rechte auch durchgesetzt werden sollen. Wir führen bereits ein Pilotverfahren für ein AAA Mitglied und unterstützen gern in dieser Richtung.
Bezüglich der „Vergleichsvereinbarung“ gelangen wir also zu einer gespaltenen Empfehlung:
Wer kein Zertifikat für seine Container hat, kann und soll unterschreiben.
– Wer hingegen ein Zertifikat hat, dem empfehlen wir nicht zu unterschreiben, sondern für seine Sonderrechte zu kämpfen. Wir helfen dabei gerne.
– Wer ein Zertifikat hat, aber ganz ausdrücklich für sich den Klageweg ausschließt und seine Rechte in wesentlichen Teilen aufzugeben bereit ist, kann gleichfalls die „Vergleichsvereinbarung“ unterschreiben.
4. Was sonst derzeit abläuft
Unsere Pilotverfahren gegen das Bundesamt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) wegen Versäumnissen bei der Beaufsichtigung von P&R (Amtshaftung) treiben wir voran. Es sind nunmehr schon mehrere Verfahren für AAA-Mitglieder beim Landgericht Frankfurt anhängig. Wir werden über den Fortgang berichten. Wenn das Finanzamt Ihnen gegenüber Äußerungen tätigt, die darauf schließen lassen, dass man Ihnen die AfA-Abzüge der Vergangenheit streichen will, dann melden Sie sich bitte unverzüglich bei uns – wir werden uns auch dieses Themas annehmen und halten es für rechtlich lösbar. Bitte melden Sie sich bereits dann, wenn das Finanzamt Sie auffordert, die Existenz Ihrer Container nachzuweisen und Mietverträge vorzulegen. Denn ein solches „Herumschnüffeln“ bzw. „Auf-den-Busch-Klopfen“ könnte bereits die Vorstufe einer AfA Aberkennung sein.
Mit Rückforderungsklagen gem. § 134 InsO rechnen wir nicht kurzfristig, falls Sie – wie von uns angeraten – die „Hemmungsvereinbarung“ unterzeichnen. Bitte setzen Sie sich sofort mit uns in Verbindung, falls Sie doch in dieser Richtung vom Insolvenzverwalter kontaktiert werden sollten.
Ansonsten beobachten wir das Verfahren weiter und halten Sie gern unterrichtet.
Für weitere Auskünfte stehen zur Verfügung: Dr. Susanne Schmidt-Morsbach und Dr. Wolfgang Schirp, beide Partner der Anwaltssozietät Schirp & Partner Rechtsanwälte mbB, Leipziger Platz 9, 10117 Berlin, Tel. 030-3276170, Mail schmidt-morsbach@ssma.de und schirp@schirp.com, URL www.schirp.com