Widerspruch und Widerruf von
Lebensversicherungen und Rentenversicherungen
Haben auch Sie in der Vergangenheit eine Lebens- oder Rentenversicherung abgeschlossen und bereuen nun Ihren Entschluss? Der Bundesgerichtshof stärkt die Rechte der Versicherungsnehmer!
Wer eine Lebensversicherung oder Rentenversicherung abschloss, traf eine für die nächsten zehn, zwanzig oder dreißig Jahre bindende Entscheidung. Angesichts oft nur mickriger Renditen, die in den jährlichen Wertmitteilungen ausgewiesen werden, haben diesen Entschluss bereits nach kurzer Zeit etliche Versicherungsnehmer bereut.
Schuld daran sind einerseits die hohen Abschlusskosten, die die Verträge belasten, und andererseits der Umstand, dass die Versicherer das Geld ihrer Kunden doch nicht so gewinnbringend angelegt haben, wie zuvor versprochen wurde. Wer jetzt seinen Vertrag kündigt und sich mit dem Rückgabewert zufrieden gibt, wäre schlecht beraten. Selbst nach 19 Vertragsjahren beträgt der bei einer Kündigung garantiert auszuzahlende (bzw. bei einer Beitragsfreistellung freizustellende) Betrag in der Regel weniger als die bis dahin eingezahlten Prämien. Wer ahnt schon, dass bei Abschluss einer Lebensversicherung über beispielsweise eine Beitragssumme von 100.000 Euro zwischen 4.000 Euro und 7.000 Euro Provision für die Leistungen des Vermittlers bezahlt werden? Mit den künftigen Beitragszahlungen sollen also neben dem Risikoschutz, soweit vorhanden, zunächst einmal diese Kosten abgetragen werden. Erst dann beginnt, wofür der Kunde die kapitalbildende Versicherung eigentlich abgeschlossen hat – die Altersvorsorge.
Viele dieser Verträge können heute noch durch Widerruf der Lebensversicherung rückabgewickelt werden. (Der technisch richtige Begriff lautet „Widerspruch“, aber die Terminologie „Widerruf“ hat sich im allgemeinen Sprachgebrauch etabliert.)
Rechtsanwalt Alexander Temiz, Fachanwalt für Kapitalmarktrecht der Kanzlei
Schirp und Partner über die Möglichkeit des Widerrufs im SWR Marktcheck.
Welche Verträge sind betroffen?
Es ist davon auszugehen, dass etwa 100 Millionen Lebens- und Rentenversicherungsverträge, die zwischen dem 29. Juli 1994 und dem 31. Dezember 2007 abgeschlossen wurden, von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes bzw. des Bundesverfassungsgerichtes zum „ewigen“ Widerrufsrecht profitieren und auch heute noch widerrufen werden können. Dabei kann es sich sowohl um fondsgebundene Versicherungen als auch um welche ohne Fondsanlage handeln.
Bei folgenden Lebens- und Rentenversicherungen kann die Widerrufsbelehrung fehlerhaft sein:
AachenMünchener | Allianz | Alte Leipziger |
ARAG | Aspecta | Assecura |
Asstel | AXA | Barmenia |
Basler | Bayern Versicherung | Berlinische Leben / Athene |
Canada Life | CiV | Clerical Medical / Scot. Widows |
Concordia | Condor | Continentale |
Cosmos Direkt | DANV | DBV Winterthur |
Debeka | Deutsche Ärzteversicherung | DEVK Eisenbahn |
DEVK | Allg. Lebensversicherung | DialogDie Bayerische |
ERGO | ERGO Direkt | EUROPA |
Familienfürsorge | Futura | Generali |
Gothaer | Hannoversche Leben | HanseMerkur |
HDI | Heidelberger Leben | Helvetia |
HUK | Ideal | IDUNA Verein. LV |
INTER | RInterRisk | Itzehoer |
Karlsruher | Landeslebenshilfe | Liberty Europe |
LV 1871 | LVM | Mecklenburgische |
MGM International Assurance | Münchener Verein | myLife |
Neue Leben | NÜRNBERGER | NÜRNBERGER Beamten |
Oeco Capital | Öffentliche Berlin | Öffentliche Braunschweig |
Öffentliche Oldenburg | Öffentliche Sachsen-Anhalt | PBV Lebensversicherung |
Prisma Life | Provinzial NordWest | Provinzial Rheinland |
R+V | R+V a.G. | Rheinland |
Royal London | Saarland | SALI |
Skandia | Sparkassen-Vers. Sachsen | Standard Life |
Stuttgarter | Süddeutsche | SV Leben |
Swiss Life | TARGO | uniVersa |
VGH Versicherungen | VHV Leben | Volksfürsorge |
Volkswohl Bund | VPV Leben | WGV |
Württembergische | WWK Lebensversicherung a.G. | Zurich Deutscher Herold |
Was ist zu tun?
Lassen Sie die Belehrung Ihrer Lebens- oder Rentenversicherung auf Fehler überprüfen. Viele Widerrufsbelehrungen sind fehlerhaft und werden den gesetzgeberischen Vorgaben nicht gerecht.
Sofern Sie Ihre Versicherung bereits vorzeitig gekündigt oder sie haben auslaufen lassen und mit dem ausgezahlten Betrag nicht zufrieden sind, sollten Sie in jedem Fall aktiv werden.
Wir prüfen für Sie, ob die Ihnen erteilte Belehrung fehlerhaft ist und der Versicherungsvertrag heute noch durch Widerruf rückabgewickelt werden kann. Außerdem teilen wir Ihnen mit, welchen Anspruch Sie gegen die Versicherung aufgrund des Widerrufes haben. Wir beraten Sie auch steuerlich, denn nur durch die Einbeziehung steuerlicher Aspekte lässt sich wirklich beurteilen, ob eine Rückabwicklung Ihres Versicherungsvertrages wirtschaftlich sinnvoll ist. Diese Gesamtanalyse kostet Sie nichts!
Nutzen Sie das Kontaktformular auf dieser Seite und übersenden Sie uns Ihre Versicherungsunterlagen für eine kostenlose Prüfung.
Wir benötigen von Ihnen dazu den Versicherungsschein, sofern vorhanden das Anschreiben, mit dem Ihnen der Versicherungsschein übersandt wurde und die allgemeinen Verbraucherinformationen. Außerdem benötigen wir die letzte Sachstandsmitteilung bzw. die Abrechnung des Vertrages, wenn dieser bereits durch Zeitablauf oder Kündigung beendet wurde.
Rechtsgrundlage für den Widerruf von Lebensversicherungen
Mit dem Urteil vom 19. Dezember 2013 (Az. C-209/12) hat der Europäische Gerichtshof nach 20 Jahren endlich eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage entschieden und so die Rechte vieler Versicherungsnehmer, die sich über die Entwicklung ihrer Lebens- und Rentenversicherungen beschweren, gestärkt. Die Kernaussage: Versicherungen, die im Zeitraum vom 29. Juli 1994 bis 31. Dezember 2007 nach dem sogenannten Policenmodell abgeschlossen wurden, können unter Umständen auch heute noch widerrufen werden, da das seinerzeit im deutschen Recht eingeräumte befristete Widerrufsrecht nach § 5 a Abs. 2 VVG alter Fassung gegen EU-Recht verstößt.
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts – Was bekommt der Kunde?
Unter Bezugnahme auf das Urteil des EuGH hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass Lebens- und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung unter Umständen auch heute noch widerrufen werden können, wenn der Versicherungsnehmer bei Erhalt des Versicherungsscheins nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht aufgeklärt wurde.
Der Bundesgerichtshof hatte schließlich auch zu klären, was dem Versicherungsnehmer denn überhaupt zusteht, nachdem er den Widerruf erklärt. In ihrem Urteil vom 7. Mai 2014 haben die Karlsruher Richter klargestellt, dass ein „vernünftiger Ausgleich und eine gerechte Risikoverteilung“ zu erfolgen hat. Klar war, dass der Versicherungsnehmer, der den Widerruf erklärt, alle von ihm gezahlten Prämien zurückverlangen kann. Ein „vernünftiger Ausgleich“ bedeute aber auch, dass dem Versicherer ebenfalls etwas zustehen muss, da der Kunde ja schließlich bis zum erklärten Widerruf den Versicherungsschutz genießen konnte (z. B. den Todesfallschutz). Vom Erstattungsanspruch des Kunden muss also der Risikoanteil in Abzug gebracht werden.
Trotzdem lohnt sich für den Versicherungsnehmer meist der Widerruf. Ihm werden nämlich nicht nur seine gezahlten Prämien erstattet, sondern er erhält zudem eine Verzinsung hierauf. Der Grund: Der Versicherer hat schließlich mit den erhaltenen Prämien etwas erwirtschaftet. Und diese gezogenen Nutzungen muss er an den Kunden herausgeben. In vielen Fällen ist das erheblich.
Allerdings hat der Bundesgerichtshof auch entschieden, dass der Versicherungsnehmer darlegen und beweisen muss, dass und in welcher Höhe der Versicherer Nutzungen gezogen hat. Es reicht nicht aus, sich einfach auf den gesetzlichen Verzugszins von fünf Prozentpunkten über den Basiszinssatz zu berufen. Es muss vielmehr konkret zum Nutzungsersatz vorgetragen werden.
Mit zwei weiteren Urteilen vom 29. Juli 2015 hat der Bundesgerichtshof die Rechte der Verbraucher schließlich weiter gestärkt und entschieden, dass der Versicherungsnehmer die Abschluss- und Verwaltungskosten sowie einen Ratenzahlungszuschlag nicht erstatten muss. Dass das „ewige“ Widerrufsrecht verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, bestätigte letztlich das Bundesverfassungsgericht mit zwei Beschlüssen vom 23. Mai 2016.
Gibt es eine zeitliche Beschränkung?
Da von den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs bzw. des Bundesgerichtshofs sogenannte Altverträge betroffen sind, die zwischen dem 29. Juli 1994 und dem 31. Dezember 2007 geschlossen wurden, stellt sich die Frage, ob die Geltendmachung des Widerrufs der Lebensversicherung zeitlich begrenzt ist. Diese Frage kann man kurz und knapp mit Nein beantworten. Bei dem Widerruf handelt es sich um ein sogenanntes Gestaltungsrecht, welches nicht der Verjährung unterliegt. Theoretisch kann man es für die betroffenen Verträge also auch noch nach 20 Jahren ausüben.
Die Kanzlei Schirp & Partner wird Sie dazu gerne beraten.
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108 Millionen betroffene Lebens- und Rentenversicherungsverträge abgeschlossen zwischen dem 01.01.1995 – 31.12.2007 können noch heute rückabgewickelt werden, wenn der Versicherungsnehmer nicht ordnungsgemäß über sein Widerspruchs- oder Rücktrittsrecht aufgeklärt wurde.
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