Handelsvertreterrecht: Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters nach Vertragsbeendigung
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem neueren Urteil vom 12. September 2007 (- VIII ZR 194/06) seine Rechtsprechung zum Anspruch des Tankstellenhalters auf Handelsvertreterausgleich (§ 89b HGB) nach Beendigung des Vertrags mit einem Mineralölunternehmen konkretisiert.
Für die Bemessung des Ausgleichsanspruchs kommt es maßgeblich auf die Höhe des Stammkundenanteils der Tankstelle an. Unter anderem war darüber zu entscheiden, nach wie vielen Tankvorgängen ein Kunde als Stammkunde anzusehen ist. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass als Stammkunden (Mehrfachkunden) eines Tankstellenhalters im Allgemeinen die Kunden angesehen werden können, die mindestens vier Mal im Jahr – also durchschnittlich wenigstens ein Mal pro Quartal – bei ihm getankt haben. Beim vierten Tanken innerhalb eines Jahres ist in der Regel die Annahme berechtigt, dass der Kunde die Tankstelle nicht nur zufällig, sondern gezielt zum wiederholten Mal aufgesucht hat und dementsprechend eine Bindung des Kunden an die Tankstelle besteht.
Der Anteil der Stammkunden kann auf der Grundlage repräsentativer Umfragen (etwa Allensbach-Institut) oder auf der Grundlage der elektronisch erfassten Zahlungen mit Kredit- oder EC-Karten ermittelt werden. Das Mineralölunternehmen ist jedoch berechtigt, einer solchen, auf repräsentativen Umfragen beruhenden Schätzung des Tankstellenhalters unter Hinweis auf konkret erfasste Zahlungsvorgänge über Einzelgeschäfte entgegenzutreten, weil diese eine genauere Schätzung des Stammkundenanteils einer bestimmten Tankstelle ermöglichen.
Der Bundesgerichtshof hat schließlich entschieden, dass eine Kürzung des Ausgleichsanspruchs aus Billigkeitsgründen gerechtfertigt sein kann, wenn die Verkaufsbemühungen des Tankstellenhalters in nicht unerheblichem Maße durch eine von dem niedrigen Preis des Kraftstoffs ausgehende „Sogwirkung“ gefördert werden
Der Entscheidung lag im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger hatte über 10 Jahre eine Tankstelle der Beklagten gepachtet und dort als Handelsvertreter für sie Kraftstoff und Schmierstoffe vertrieben. Nach Beendigung des Vertrags hat der Kläger einen Ausgleichsanspruch geltend gemacht. Er behauptete, dass 90% seines Umsatzes mit Stammkunden erzielt worden seien habe und habe sich dabei auf eine Repräsentativbefragung des Instituts für Demoskopie Allensbach gestützt. Die Beklagte berief sich darauf, dass die von ihr elektronisch erfassten Kartenumsätze der Kunden als Schätzungsgrundlage vorzuziehen seien. Anhand der von ihr vorgelegten Daten ging die Beklagte von einem Stammkundenanteil von rund 38% aus.
Bemerkung: es ist zu begrüßen, das der BGH den Begriff des Stammkunden nunmehr konkretisiert hat und endlich Rechtsklarheit geschaffen hat. Weitere Entscheidungen zum GmbH- und Arbeitsrecht folgen.
Mit besten Grüßen
Christian Winkhaus
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