Fragen des zweiten Vorlagebeschlusses vom 5. März 2020, Az. 2 O 328/19, 2 O 280/19 und 2 O 334/19:

1. Ist Art. 10 Abs. 2 lit. l) Richt­li­nie 2008/48/EG des Eu­ro­päi­schen Par­la­ments und des Ra­tes vom 23.04.2008 über Ver­brau­cher­kre­dit­ver­träge und zur Auf­he­bung der Richt­li­nie 87/102/EWG des Ra­tes (im Fol­gen­den: RL 2008/48/EG) da­hin aus­zu­le­gen, dass im Kreditvertrag

a) der bei Ab­schluss des Kre­dit­ver­tra­ges gel­tende Ver­zugs­zins­satz als ab­so­lute Zahl mit­zu­tei­len ist, zu­min­dest aber der gel­tende Re­fe­renz­zins­satz (vor­lie­gend der Ba­sis­zins­satz gem. § 247 BGB), aus dem sich der gel­tende Ver­zugs­zins­satz durch ei­nen Zu­schlag (vor­lie­gend von fünf Pro­zent­punk­ten gem. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB) er­mit­telt, als ab­so­lute Zahl an­zu­ge­ben ist?

b) der Me­cha­nis­mus der An­pas­sung des Ver­zugs­zins­sat­zes kon­kret zu er­läu­tern ist, zu­min­dest aber auf die na­tio­na­len Nor­men, aus de­nen sich die An­pas­sung des Ver­zugs­zins­sat­zes ent­neh­men lässt (§§ 247, 288 Ab­satz 1 Satz 2 BGB), ver­wie­sen wer­den muss?

2. Ist Art. 10 Ab­satz 2 lit. r) RL 2008/48/EG da­hin aus­zu­le­gen, dass im Kre­dit­ver­trag ein kon­kre­ter vom Ver­brau­cher nach­voll­zieh­ba­rer Re­chen­weg für die Er­mitt­lung der bei vor­zei­ti­ger Rück­zah­lung des Dar­le­hens an­fal­len­den Vor­fäl­lig­keits­ent­schä­di­gung an­zu­ge­ben ist, so dass der Ver­brau­cher die Höhe der bei vor­zei­ti­ger Kün­di­gung an­fal­len­den Ent­schä­di­gung zu­min­dest an­nä­he­rungs­weise be­rech­nen kann?

3. Ist Art. 10 Ab­satz 2 lit. s) RL 2008/48/EG da­hin­ge­hend auszulegen,

a) dass im Kre­dit­ver­trag auch die im na­tio­na­len Recht ge­re­gel­ten Kün­di­gungs­rechte der Par­teien des Kre­dit­ver­trags an­ge­ge­ben wer­den müs­sen, ins­be­son­dere auch das Kün­di­gungs­recht des Dar­le­hens­neh­mers aus wich­ti­gem Grund ge­mäß § 314 BGB bei be­fris­te­ten Darlehensverträgen?

b) (falls die vor­ste­hende Frage a) ver­neint wird)
dass er ei­ner na­tio­na­len Re­ge­lung nicht ent­ge­gen­steht, wel­che die Nen­nung ei­nes na­tio­na­len Son­der­kün­di­gungs­rechts zu ei­ner zwin­gen­den An­gabe im Sinne des Art. 10 Abs. 2 lit. s) RL 2008/48/EG macht?

c) dass im Kre­dit­ver­trag bei sämt­li­chen Kün­di­gungs­rech­ten der Par­teien des Kre­dit­ver­trags auf die bei der Aus­übung des Kün­di­gungs­rechts je­weils vor­ge­schrie­bene Frist und Form für die Kün­di­gungs­er­klä­rung hin­zu­wei­sen ist?

4. Ist bei ei­nem Ver­brau­cher­kre­dit­ver­trag die Be­ru­fung des Kre­dit­ge­bers auf den Ein­wand der Ver­wir­kung ge­gen­über der Aus­übung des Wi­der­rufs­rechts des Ver­brau­chers ge­mäß Art. 14 Abs. 1 Satz 1 RL 2008/48/EG ausgeschlossen,

a) wenn eine der in Art. 10 Ab­satz 2 RL 2008/48/EG vor­ge­schrie­be­nen Pflicht­an­ga­ben we­der ord­nungs­ge­mäß im Kre­dit­ver­trag ent­hal­ten noch nach­träg­lich ord­nungs­ge­mäß er­teilt wor­den ist und so­mit die Wi­der­rufs­frist gem. Art. 14 Ab­satz 1 RL/2008/48/EG nicht be­gon­nen hat?

b) (falls die vor­ste­hende Frage a) ver­neint wird)
wenn die Ver­wir­kung maß­geb­lich auf den Zeit­ab­lauf seit Ver­trags­schluss und/​oder auf die voll­stän­dige Er­fül­lung des Ver­trags durch beide Ver­trags­par­teien und/​oder auf die Dis­po­si­tion des Kre­dit­ge­bers über die zu­rück­er­hal­tene Dar­le­hens­summe oder die Rück­gabe der Kre­dit­si­cher­hei­ten und/​oder (bei ei­nem mit dem Kre­dit­ver­trag ver­bun­de­nen Kauf­ver­trag) auf die Nut­zung oder die Ver­äu­ße­rung des fi­nan­zier­ten Ge­gen­stands durch den Ver­brau­cher ge­stützt wird, der Ver­brau­cher je­doch in dem maß­geb­li­chen Zeit­raum und bei Ein­tritt der maß­geb­li­chen Um­stände von dem Fort­be­stehen sei­nes Wi­der­rufs­rechts keine Kennt­nis hatte und diese Un­kennt­nis auch nicht zu ver­tre­ten hat, und der Kre­dit­ge­ber auch nicht da­von aus­ge­hen konnte, dass der Ver­brau­cher eine ent­spre­chende Kennt­nis hat?

5. Ist bei ei­nem Ver­brau­cher­kre­dit­ver­trag die Be­ru­fung des Kre­dit­ge­bers auf den Ein­wand des Rechts­miss­brauchs ge­gen­über der Aus­übung des Wi­der­rufs­rechts des Ver­brau­chers ge­mäß Art. 14 Abs. 1 Satz 1 RL 2008/48/EG ausgeschlossen,

a) wenn eine der in Art 10 Ab­satz 2 RL 2008/48/EG vor­ge­schrie­be­nen Pflicht­an­ga­ben we­der ord­nungs­ge­mäß im Kre­dit­ver­trag ent­hal­ten noch nach­träg­lich ord­nungs­ge­mäß er­teilt wor­den ist und so­mit die Wi­der­rufs­frist gem. Art. 14 Ab­satz 1 RL/2008/48/EG nicht be­gon­nen hat?

b) (falls die vor­ste­hende Frage a) ver­neint wird)
wenn die miss­bräuch­li­che Rechts­aus­übung maß­geb­lich auf den Zeit­ab­lauf seit Ver­trag­schluss und/​oder auf die voll­stän­dige Er­fül­lung des Ver­trags durch beide Ver­trags­par­teien und/​oder auf die Dis­po­si­tion des Kre­dit­ge­bers über die zu­rück­er­hal­tene Dar­le­hens­summe oder die Rück­gabe der Kre­dit­si­cher­hei­ten und/​oder (bei ei­nem mit dem Kre­dit­ver­trag ver­bun­de­nen Kauf­ver­trag) auf die Nut­zung oder die Ver­äu­ße­rung des fi­nan­zier­ten Ge­gen­stands durch den Ver­brau­cher ge­stützt wird, der Ver­brau­cher je­doch in dem maß­geb­li­chen Zeit­raum und bei Ein­tritt der maß­geb­li­chen Um­stände von dem Fort­be­stehen sei­nes Wi­der­rufs­rechts keine Kennt­nis hatte und diese Un­kennt­nis auch nicht zu ver­tre­ten hat, und der Kre­dit­ge­ber auch nicht da­von aus­ge­hen konnte, dass der Ver­brau­cher eine ent­spre­chende Kennt­nis hat?

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