EuGH stärkt Verbraucherrechte: „Widerrufsjoker“ für Millionen von Verbraucherkreditverträgen

Mit sei­ner Ent­schei­dung vom 9. Sep­tem­ber 2021 hat der Eu­ro­päi­sche Ge­richts­hof (EuGH) fest­ge­stellt, dass viele Ver­brau­cher­kre­dit­ver­träge auch nach Jah­ren noch Wi­der­ru­fen wer­den kön­nen (aus­ge­nom­men sind Im­mo­bi­len­dar­le­hens­ver­träge). Grund da­für ist, dass die von deut­schen Ban­ken ver­wen­de­ten Klau­seln in Dar­le­hens­ver­trä­gen häu­fig feh­ler­haft sind. Kri­ti­siert wur­den von den Lu­xem­bur­ger Rich­tern vor al­lem die un­ge­nauen An­ga­ben bzw. völ­lig un­zu­rei­chen­den In­for­ma­tio­nen in den Kre­dit­ver­trä­gen. So sei der Ver­weis auf die abs­trakte Höhe des Ver­zugs­zin­ses nicht aus­rei­chend, son­dern es müsse von den Ban­ken stets ein kon­kre­ter Zins­satz zum Zeit­punkt des Ver­trags­ab­schlus­ses fest­ge­legt wer­den. Der bloße Hin­weis „Der jähr­li­che Ver­zugs­zins­satz be­trägt 5 Pro­zent­punkte über dem je­wei­li­gen Ba­sis­zins­satz.“ (oder ähn­lich) ge­nügt dem­nach nicht.

Zu­dem stellte der EuGH fest, dass auch die Be­rech­nungs­me­thode ei­ner bei vor­zei­ti­ger Rück­zah­lung fäl­li­gen Ent­schä­di­gung (Vor­fäl­lig­keits­ent­schä­di­gung) für den Durch­schnitts­ver­brau­cher in ei­ner „leicht nach­voll­zieh­ba­ren Weise“ an­ge­ge­ben wer­den müsse, was im dor­ti­gen Ver­fah­ren eben­falls nicht der Fall war. Auch dies stelle ei­nen Grund für den Wi­der­ruf von Ver­brau­cher­kre­dit­ver­trä­gen dar. In den un­ter­schied­li­chen Ver­fah­ren ge­gen die Ban­ken der Au­to­mo­bil­her­stel­ler Volks­wa­gen, Škoda und BMW hiel­ten die Rich­ter aus Lu­xem­burg die Aus­übung des Wi­der­rufs­rechts auch noch nach Jah­ren für mög­lich, da eben­jene Ban­ken die Ver­brau­cher beim Ab­schluss der Kre­dit­ver­träge nur un­zu­rei­chend über die Rechts­lage in­for­miert ha­ben (Rechts­sa­chen C-33/20, C-155/20 und C-187/20). Die feh­ler­hafte bzw. teils nicht er­folgte Auf­klä­rung habe näm­lich zur Folge, dass die Frist, bin­nen de­rer der Wi­der­ruf grund­sätz­lich er­klärt wer­den muss, nie­mals zu lau­fen be­gann. Die Kon­se­quenz ist quasi ein „ewi­ges Wi­der­rufs­recht“ zu­guns­ten der Verbraucher.

Weg­wei­send hat der EuGH zu­dem nun end­lich die Frage ge­klärt, ob ein sol­ches Wi­der­rufs­recht vom Ver­brau­cher ver­wirkt wer­den kann. Denn häu­fig hiel­ten Ban­ken den An­sprü­chen von Ver­brau­chern ent­ge­gen, es sei treu­wid­rig, sich nach häu­fig vie­len Jah­ren der Durch­füh­rung des Ver­tra­ges noch auf das Wi­der­rufs­recht zu be­ru­fen. Der An­spruch sei da­her ver­wirkt. Die­ses Ar­gu­ment hat der EuGH nun deut­lich zu­rück­ge­wie­sen. Ei­ner Bank, wel­che es zu­vor ver­säumt hat, den Ver­brau­cher ord­nungs­ge­mäß auf­zu­klä­ren, sei das Be­ru­fen auf den Ein­wand der Ver­wir­kung ver­wehrt, so der EuGH.

Durch das Ur­teil wer­den die Ver­brau­cher­rechte so­mit ins­ge­samt mas­siv gestärkt.

Die Ent­schei­dung des Eu­GHs er­mög­licht den Ver­brau­chern nun den Aus­stieg aus ei­ner Fi­nan­zie­rung und da­mit ei­nen mög­li­chen im­mensen fi­nan­zi­el­len Vor­teil. Denn durch den Wi­der­ruf wer­den die be­tref­fen­den Ver­träge rück­ab­ge­wi­ckelt, so­dass An­zah­lung und Kre­dit­ra­ten zu er­stat­ten sind. Im Ge­gen­zug müs­sen die Ver­brau­cher die er­hal­tene Leis­tung, im Fall von Kfz-​Kreditverträgen also das Fahr­zeug, zurückgeben.

In­folge der Ent­schei­dung liegt es nahe, dass Ban­ken nun mit ei­ner rie­si­gen Wi­der­rufs­welle rech­nen müs­sen. Dies dürfte nicht nur Kfz-​Darlehensverträge be­tref­fen, son­dern viel­mehr sämt­li­che For­men von Verbraucherkreditverträgen.

Am Bei­spiel ei­nes Au­to­kre­di­tes wird so­fort die enorme Chance deut­lich, die sich da­mit Ver­brau­chern bie­tet: Es han­delt sich um nicht we­ni­ger als die Mög­lich­keit, un­ab­hän­gig vom Die­sel­skan­dal ihr Fahr­zeug ver­lust­frei zu­rück­ge­ben zu kön­nen, wenn der Kauf über ei­nen Kre­dit fi­nan­ziert wurde!

Mit sei­nem Ur­teil stellte sich der EuGH ge­gen die Recht­spre­chung des Bun­des­ge­richts­hofs (BGH), der im kon­kre­ten Fall noch im No­vem­ber 2019 die Re­vi­sio­nen von zwei Au­to­käu­fern zu­rück­ge­wie­sen und ent­schie­den hatte, dass Ver­brau­cher ihre Au­to­kre­dite nicht noch Jahre nach dem Ab­schluss des Ver­trags wi­der­ru­fen kön­nen – ein zu­tiefst ver­brau­cher­un­freund­li­ches Ur­teil, das die Rechts­po­si­tion der Ver­brau­cher er­heb­lich schwächte. Dies hat der EuGH nun revidiert.

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