Das Geschäftsmodell der Wirecard AG
Das Geschäftsmodell der Wirecard AG
Dass die Wirecard AG Bilanzen gefälscht und Anleger und Investoren betrogen hat, ist mittlerweile hinlänglich bekannt. Die Blase zerplatzte jäh am 25. Juni 2020, als die Nachricht von den „verschwundenen“ 1,9 Milliarden Euro, die auf Treuhandkonten liegen sollten, publik wurde. Warum ist das so lange niemandem aufgefallen? Und vor allem – wie hat Wirecard das angestellt?
Wie hat das Betrugsmodell von Wirecard funktioniert, fragen sich nicht nur geschädigte Anleger. Dabei hat es sich um ein komplexes System gehandelt, das nach Vermutung einiger Experten nur zur Geldwäsche existiert hat. Bei der Auseinandersetzung mit dem Wirecard-Skandal muss man das System als Ganzes betrachten.
Grundsätzliches zum Geschäftsmodell „Acquirer“
Als zwischengeschalteter Zahlungsdienstleister, im Fachjargon, „Acquirer“ genannt, leitet man Geld vom Käufer an einen Händler weiter. Der Acquirer erhält eine Forderung gegen die Kreditkartenfirma des Käufers und haftet im Fall des Zahlungsausfalls. Sollte also der Käufer oder seine Kreditkartenfirma nicht zahlen (können), muss ein Acquirer trotzdem den Händler bezahlen. Um das Risiko für sich zu minimieren, behält der Acquirer bei einem solchen Vorgang eine Sicherheit ein, die er dem Händler erst bei vollständiger Bezahlung auszahlt. Diese beträgt normalerweise nur einen geringen Teil des Kaufpreises. Kleines Beispiel: Bei einem Kauf i.H.v. 100€ erhält der Händler zunächst nur 95€ vom Acquirer, da 4€ als Sicherheit dienen und 1€ die Geschäftsgebühr beträgt. Sobald der Acquirer von der Kreditkartenfirma das Geld erhalten hat, zahlt er an den Händler die restlichen 4€ aus.
Die Besonderheit der Geschäftsidee Wirecard
Da die Margen bei der Abwicklung solcher Geschäfte verhältnismäßig gering sind, braucht man als Zahlungsabwickler viele Transaktionen, um ein rentables Geschäftsmodell zu haben. Vermutlich aus diesem Grund hat Wirecard mittels Geschäftspartner die Abwicklungen in Nicht-EU-Ländern ausgeweitet. Nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen ist davon auszugehen, dass es sich größtenteils um erfundene Geschäfte handelte. Wirecard hat den Geschäftspartnern die vermeintlichen Kunden und die Technik zur Zahlungsabwicklung zur Verfügung gestellt, um scheinbar die Gebühr der vermeintlichen Transaktionen zu erhalten. Diese (erfundene) Gebühr, haben die Drittpartner über Umwege auf die vermeintlichen Treuhandkonten überwiesen.
Die Idee der besagten Treuhandkonten wurde ab 2015 eingeführt, wohl weil sich zu dieser Zeit die kritischen Nachfragen hinsichtlich des Geschäftsmodells gehäuft haben. Zuvor hatte Wirecard die (angeblichen) Gebühren als Forderungen in den Bilanzen ausgewiesen.
Mittels der Erlöse der erfundenen Forderungen konnte Unternehmenskäufe getätigt werden. Auffällig dabei die erhöhten Preise. Dies mutmaßlich um Geld aus dem Unternehmen und wieder in den Konzern zu schleusen. Die Ermittlungen gehen daher davon aus, dass sich mit dieser Methode vermutlich auch das „Senior Management“ von Wirecard bereichert hat und die Bilanzen des Konzerns geschönt wurden.