Bericht zur Informationsveranstaltung der Euro-Grundinvest-Fonds und -Genussrechte und zu den Gesellschafterversammlungen am 21. Juli 2016 in München
von Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Schirp | Auf der Informationsveranstaltung am 21. Juli 2016 in Freising bei München erfuhren Fondsgesellschafter und Genussrechtsgläubiger der Euro-Grundinvest-Gruppe erstmals, wie es um ihr Investment bestellt ist. Leider konnten keine optimistischen Nachrichten vermeldet werden.
So mussten die ca. 150 anwesenden Anleger und Anlegervertreter auf der Informationsveranstaltung (und auf den Gesellschafter-versammlungen der geschlossenen Immobilienfonds am Nachmittag) erfahren, dass Vorbesitzer Malte André Hartwieg ein immenses Veruntreuungs-Karussell gedreht hat. Die Geschäftsführung stellt den Anlegern zwar bis zum 31. Dezember 2017 eine Sockelzahlung von 10 Prozent in Aussicht und sieht sogar Besserungspotential bis maximal 30 Prozent. Trotzdem wird in jedem Falle riesiger Schaden entstehen.
Auch hinsichtlich des seit 2014 zuständigen Geschäftsführers und prominenten Start-up-Investors Sven Donhuysen haben viele Anleger kein gutes Gefühl. Daher sind die von Donhuysen gewünschten Beschlüsse, ihn selbst zum Liquidator in Eigenregie zu bestellen und zudem Unternehmen seiner Gruppe in die Fonds neu mitaufzunehmen, nach bisheriger Kenntnis auch nicht gefasst worden. Die Auszählung der Abstimmungen der Gesellschafter-versammlungen war am Donnerstagabend noch nicht vorgenommen worden, jedoch haben alle maßgeblichen Vollmachtsinhaber dagegen gestimmt.
Es ist mit weiteren Versuchen seitens Donhuysen zu rechnen, seine eigenen Interessen auf dem Rücken der Anleger durchzusetzen.
Alleinverantwortlicher: Malte Hartwieg?
Donhuysen eröffnete die Veranstaltung mit der Verlesung eines umfangreichen Vortrages zu den bisherigen Geschehnissen im Hause Euro Grundinvest:
Initiator und Hintermann Hartwieg habe alle Beteiligten, darunter auch Donhuysen selbst, über Jahre hinweg getäuscht und großen Schaden angerichtet. Als Geschäftsführer sei Donhuysen nunmehr um bestmögliche Eindämmung des Schadens bemüht. Hierfür habe er die Sanierungsspezialisten der Knoll Restructuring Group eingeschaltet.
Der wesentliche inhaltliche Teil der Informationsveranstaltung wurde dann auch von genannten Spezialisten, Prof. Dr. Heinz-Christian Knoll und einem weiteren Mitarbeiter der Knoll Restructuring Group, bestritten. Dem Vortrag lag eine über 60-seitige Power Point-Präsentation zugrunde. (Die Geschäftsführung hat zugesagt, diese Präsentation allen Anlegern auf Anfrage zu übersenden. Auch wir werden diese Präsentation anfordern und über den Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e.V. für seine Mitglieder verfügbar machen, wenn die Geschäftsführung in diesem Punkte Wort hält.)
Das „System Hartwieg“: Bestandsaufnahme der Euro-Grundinvest-Gruppe
Hartwieg war die zentrale Figur der Gruppe, Fonds und Genussrechte wurden über seine Plattform dima24 vertrieben. Zudem war er der Gründer der Euro-Grundinvest-Gruppe und steuerte alleinig ihre Geschicke. Der in den Prospekten auftauchende Geschäftsführer Erwin Beran war in Wahrheit nur der Chauffeur Hartwiegs.
In den Jahren 2010-2014 wurden über die Euro-Grundinvest-Fonds ca. 70 Mio. Euro an Eigenkapital eingesammelt. Über die Namensgenussrechte kamen weitere ca. 25 Mio. Euro hinzu. Das Gesamteigenkapital, das die Gruppe in nur vier Jahren einwerben konnte, erreicht also fast die Grenze von 100 Mio. Euro.
Der Fonds Euro Grundinvest 12 konnte als letzter Fonds noch „erfolgreich“ aufgelöst werden. Der Restrukturierungsberater hat aber ermittelt, dass die dafür verwendeten Gelder aus den später aufgelegten Fonds 15, 17 und 18 stammten, also dort zweck-entfremdet wurden. Zudem wurden viele Anleger des Fonds 12 mit dem Hinweis auf den angeblichen Erfolg dieses Fonds dazu bewogen, das zugeflossene Geld gleich wieder neu in einem der späteren Fonds anzulegen, wo es dann verlorenging. Der Fonds 12 wurde daher auf der Versammlung mehrfach als „Lockfonds“ bezeichnet. Alle später aufgelegten Fonds sind in großen Schwierigkeiten.
Kennzeichnend für das „System Hartwieg“ sind umfangreiche Querfinanzierungen und Darlehensausreichungen zwischen den Objektgesellschaften der einzelnen Fonds: Es ist ein richtiges Untreue-Karussell entstanden. Da die Buchhaltung völlig unzulänglich ist und Jahresabschlüsse zuletzt für das Jahre 2013 erstellt wurden, wird die Aufklärung sehr erschwert. Die vormals tätigen Buchhalter/Steuerberater der WLP GmbH aus Hamburg kooperieren nach Darstellung des jetzigen Restrukturierungsberaters nur sehr unzureichend.
Der originäre Geldfluss der oberen Ebene, also der Geldfluss aus den Fonds oder Genussrechten in die erste Objektgesellschaft (OG), lässt sich, in groben Zügen, so abbilden:
- Fonds EGI 15: Von 13,961 Mio. Euro Eigenkapital wurden 7,96 Mio. Euro in der Zielgesellschaft OG 217 investiert.
- Fonds EGI 17: Von 20,573 Mio. Euro Eigenkapital wurden 16,913 Mio. Euro in der Zielgesellschaft OG 221 investiert.
- Fonds EGI 18: Von 32,775 Mio. Euro Eigenkapital wurden 24,657 Mio. Euro in die Zielgesellschaft OG 219 investiert.
- Fonds EGI 20: Von 3,285 Mio. Euro Eigenkapital wurden2,181 Mio. Euro in die Zielgesellschaft OG 223 investiert.
- EGI-Genussrechte AG I: Von 3,337 Millionen Euro Eigenkapital wurde eine unbekannte Summe in die Zielgesellschaften OG 224-226 investiert.
- EGI-Genussrechte AG II: Von 19,982 Millionen Euro Eigenkapital wurden 15 Millionen Euro in die Zielgesellschaften OG 227 und „New Media Corporation“ investiert.
- IPF Austria Genussrechte: Von 2,773 Millionen Euro Eigenkapital wurde eine unbekannte Summe in eine ebenfalls unbekannte Zielgesellschaft investiert.
Das eigentliche Untreue-Karussell drehte sich jedoch auf der unteren Ebene, also zwischen den Objektgesellschaften untereinander. Diese gaben sich wechselseitig unzählige Hin- und Her-Darlehen, immer gerade so, wie Malte Hartwieg das Geld zu brauchen meinte.
Der unrühmlichste Fall ist die „New Media Corporation“, versorgt mit ca. 15 Millionen Euro aus der Emission der EGI-Genussrechte AG II. Diese waren zunächst für ein Pflegeheim in Polen bestimmt gewesen. Letztlich wurden die Millionen dann aber vollständig zum Kauf von Gold (!) verwendet: Die Staatsanwaltschaft fand 230 Kilogramm des Edelmetalls im privaten Besitz Hartwiegs (!) und stellte es sicher.
Die Objektgesellschaften und ihr Status im Einzelnen:
- OG 217, „Jacobi Palais“ München: Das Objekt wurde mit Verlust verkauft; umfangreiche Darlehen wurden an andere OG vergeben.
- OG 218, „Atrio“ München: Das Objekt wurde mit Verlust verkauft; umfangreiche Darlehen wurden an andere OG vergeben.
- OG 219, „Gilching“: Das Objekt wurde nicht realisiert, das Grundstück wurde weiterverkauft; umfangreiche Darlehen wurden an andere OG vergeben.
- OG 221, „Feldmoching“: Das Objekt wurde nicht realisiert, das Grundstück wurde weiterverkauft; umfangreiche Darlehen wurden an andere OG vergeben.
- OG 222, „Markt Schwaben“: Nach Entstehung der Kosten für die Projektentwicklung wurde das Projekt aufgegeben.
- OG 223: Kein konkretes Projekt, es fand nur Gelddurchfluss zwischen den OG statt.
- OG 224, „Villa Bellevue Mar“: Das Objekt wurde realisiert, aber mit Verlust verkauft; umfangreiche Darlehen wurden an andere OG vergeben.
- OG 225, „Villa Sunset Rock“: Das Objekt wurde realisiert, aber mit Verlust verkauft; umfangreiche Darlehen wurden an andere OG vergeben.
- OG 226, „Röhrmoos“: Das Objekt wurde nicht realisiert, das Grundstück wurde weiterverkauft; umfangreiche Darlehen wurden an andere OG vergeben.
- OG 227, „Volpinistraße 23“ München: Das Objekt wurde nicht fertiggestellt, dann mit Verlust verkauft, umfangreiche Darlehen wurden an andere OG vergeben.
- OG „Bayern Palais“ Dachau: Das Objekt wurde nicht fertiggestellt, dann mit Verlust verkauft, umfangreiche Darlehen wurden an andere OG vergeben.
- OG „München GmbH“: Es wurde nichts gebaut; das Geld wurde für die Auszahlung der Anleger des EGI 12 verwendet.
- OG „Portal Hills“ Mallorca: Ein großes Projekt, das derzeit zum Verkauf steht.
- OG „Mallorca S.L.“: Hier wurde nichts gemacht; es fand nur Gelddurchfluss zwischen den OG statt.
- OG „New Media Corporation“: Ein Pflegeheim in Polen wurde zwar geplant; dann wurde das Geld jedoch für den Gold-Ankauf für den Privatbestand Hartwiegs verwendet.
Insgesamt entsteht ein Bild von Selbstherrlichkeit und Inkompetenz, tatsächlich aber auch von absoluter Skrupellosigkeit und dem gänzlichen Fehlen von Respekt für das Recht. Es kann kein Zweifel bestehen, dass es sich bei den Darlehens-Ausreichungen über die Fondsgrenzen hinweg um strafbare Untreue handelt.
Der jetzige Geschäftsführer Sven Donhuysen hat die EGI-Gruppe im August 2014 für 500.000 Euro gekauft. Vorher will er eine Unternehmensprüfung („due diligence“) durchgeführt, aber die hier geschilderten Fakten nicht bemerkt haben.
Die Pläne der Geschäftsführung und des Sanierungsberaters:
- Es werden teilweise noch Rückflüsse erwartet, insbesondere aus dem Verkauf von „Portal Hills“. Diese Rückflüsse sollen vereinnahmt werden.
- Soweit noch möglich sollen die Fonds und die Genussrechte gebündelt ihre Schadensersatzansprüche durchsetzen. Insbesondere wird noch die Chance gesehen, auf das Gold zuzugreifen, das die Staatsanwaltschaft bei Hartwieg arrestiert hat.
- Sodann muss ein fairer Ausgleich zwischen den einzelnen Fonds und Genussrechten gefunden werden. Dazu ist die Gesamtheit der Hin- und Her-Darlehen auszuwerten. Danach müssen die Rückflüsse so verteilt werden, dass sie dieses Darlehens-Karussell so weit wie möglich zurückdrehen.
- Die rückständigen Jahresabschlüsse sollen erstellt und eine ordnungsgemäße Buchführung wieder aufgebaut werden.
- Bis dahin soll möglichst „Ruhe im Schiff“ geschaffen werden. Insbesondere meint die Geschäftsführung, dass die Klagen störend sind, die einzelne Anleger gegen die Komplementär-GmbH, gegen die geschäftsführende Kommanditistin und gegen die Treuhand-Kommanditistin eingereicht haben.
- Ist dieser Aufgaben-Katalog abgearbeitet, sollen die Fonds liquidiert werden.
Geschäftsführung und Restrukturierungsberater gehen davon aus, bis zum 31. Dezember 2017 an alle Anleger der Fonds und der Genussrechte zumindest einen „Sockelbetrag“ in Höhe von 10 Prozent auszahlen zu können. Bei einem guten Verlauf (insbesondere bei erfolgreichem Zugriff auf das arrestierte Gold) könnten auch bis zu 30 Prozent erreicht werden.
Tatsächlich sieht es so aus, dass dieses skizzierte Vorgehen alternativlos ist: Es gibt keinen Handlungsweg mehr, um das Untreue-Karussell vollständig zurück zu drehen. Auch Klageansätze auf Ebene des einzelnen Anlegers sind nicht aussichtsreich, die von manchen Anlegern gegen einzelne GmbHs aus der Fondsstruktur erhobenen Klagen nicht zielführend.
Wo liegen noch Probleme?
Problematisch an den Plänen der Geschäftsführung sind jedoch drei Aspekte, die auch mich persönlich dazu bewogen haben, bezüglich der Vorschläge seitens der Geschäftsführung mit „Nein“ zu stimmen:
Ich störe mich an der Person Sven Donhuysen. Ich glaube ihm nicht, dass er bei seiner „due diligence“ nichts von den massiven Untreuehandlungen bemerkt haben will, die hier liefen. Auch nach seiner Übernahme der EGI-Gruppe im August 2014 hat er die Anleger nicht zeitnah informiert und das Karussell nicht angehalten. Ich gehe auch davon aus, dass er selbst noch ab August 2014 Hin- und Her-Zahlungen durchgeführt hat, die einer juristischen Überprüfung nicht standhalten werden. Daher ist eine Lösung, bei der Donhuysen selbst Inhaber und Geschäftsführer derjenigen Unternehmen bleibt, die die Liquidation durchführen, nicht tragbar. Hier muss es zwingend eine personelle Veränderung geben.
Zudem sind die Kostenstrukturen zu hoch. Der derzeitige Geschäftsführer beziffert sein persönliches Gehalt zwar „nur“ auf monatlich 15.000 Euro, aber darin sind die Gebühren seiner Unternehmen noch nicht enthalten. Der Restrukturierungsberater erhält – nachdem er anfänglich eine zeitabhängige Vergütung erhalten hatte, gefolgt von einem einmaligen Pauschalbetrag von 40.000 Euro – derzeit 30.000 Euro pro Monat. Das mag in der Übergangszeit angemessen gewesen sein, ist aber nicht auf Dauer tragbar.
Bei solchen Kosten bluten die Fonds während der Liquidationsphase finanziell aus. Darüber hinaus zahlt die EGI-Gruppe nach eigenen Angaben derzeit 60.000 Euro pro Monat für Kosten der Rechts-verteidigung gegen die Anlegerklagen. Es ist nicht vertretbar, wenn derartige Kosten, die die Struktur-GmbHs betreffen, aus Mitteln der Fonds oder der Genussrechte beglichen werden.
Drittens fehlt eine angemessene Vertretung der Anlegerrechte. Es wäre das Aller-Allermindeste gewesen, in die jetzt zur Abstimmung gestellten Vorschläge auch die Schaffung eines starken Anleger-beirates aufzunehmen. Die Anleger müssen, gerade angesichts der dramatischen Kriminalgeschichte, die sich hier abgespielt hat, bei allen weiteren Schritten mit am Tisch sitzen und mitbestimmen können.
Daher haben wir, gemeinsam mit anderen zentralen Vollmachtsträgern, auf den eigentlichen Gesellschafter-versammlungen am Nachmittag alle Vorschläge abgelehnt und mit „Nein“ gestimmt. Zwar wurden die Stimmen nach den recht mühsamen (und von der Geschäftsführung auch nicht durchweg professionell durchgeführten) Abstimmungen nicht mehr am selben Tage ausgezählt, aber ich gehe davon aus, dass die Beschluss-vorlagen der Geschäftsführung mehrheitlich abgelehnt wurden – vorbehaltlich einer manipulationsfreien Auszählung.
Die nächsten Schritte
Wir werden uns grundsätzlich einer Lösung nicht verschließen, bei der die verbliebenen Vermögenswerte bestmöglich gesichert werden. Im Anschluss daran finden wir es richtig, den Erlös an die Anleger auszuschütten und die Fonds zu liquidieren.
Wir arbeiten aber darauf hin, dass die geschilderten drei Problem-punkte im Sinne der Anleger gelöst werden. Wir brauchen ein „neues Gesicht“ als Liquidator, eine vernünftige Begrenzung der Kosten auf allen Ebenen und eine effektive Kontrollinstanz zugunsten der Anleger.
In diesem Sinne arbeiten wir weiter auf die Bündelung der Anleger hin. Wir gehen davon aus, dass die Geschäftsführung – wenn die Auszählung der Stimmen ergibt, dass ihre Beschlussvorlagen vorläufig gescheitert sind – alsbald erneut auf die Anleger zugehen muss. Wir werden uns dann aktiv um eine Formulierung der Beschlüsse bemühen, zu der auch wir „Ja“ sagen können. Bis dahin hoffen wir, dass sich weitere EGI-Anleger dem externer Link Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e.V. anschließen, damit wir die größtmögliche Druckposition im Interesse der Anleger aufbauen können.