Bahnbrechende Verbesserungen für den Anlegerschutz!
Die sechs Urteile des Bundesgerichtshofes vom 14. Juni 2004
1.) Einführung
Der Bundesgerichtshof hat am 14.06.2004 sechs Urteile gefällt, die den Schutz der Anleger bahnbrechend verbessern. Mit der vorliegenden Analyse möchte ich Ihnen helfen, den Inhalt der Urteile besser zu verstehen. Auf dieser Grundlage können Sie entscheiden, ob die Urteile für Ihre eigene Situation Bedeutung haben und was Sie selbst in Ihren persönlichen Angelegenheiten tun können.
Um das Ergebnis kurz vorweg zu nehmen: Anleger, die beim Erwerb von finanzierten Eigentumswohnungen und Fondsanteilen falsch beraten worden sind, können ihre Einwendungen nicht nur gegen Initiatoren und Vertrieb, sondern auch gegen die finanzierenden Banken geltend machen. Damit besteht – erstmals! – eine wirklich erfolgversprechende rechtliche Handlungsmöglichkeit, mit der das Los von Hunderttausenden betrogenen Immobilien- und Fondserwerbern durchgreifend verbessert werden kann.
Bitte führen Sie sich zunächst vor Augen, wie die Urteile entstanden sind:
Der Bundesgerichtshof hat eine ganze Reihe von Zivilsenaten. Diese Zivilsenate sind keineswegs immer einer Meinung. Die bisherige Rechtsprechung im Zusammenhang mit Immobilien-Kapitalanlagen wurde vom äußerst bankenfreundlichen XI. Senat des Bundesgerichtshofes geprägt. Dieser XI. Senat versuchte wiederholt, die Banken mit halsbrecherischen Auslegungskunststücken vor den Folgen ihrer skrupellosen Vertriebspraxis zu schützen. Auch in offensichtlichen Betrugsfällen hat der XI. Senat immer zwischen Initiatoren und Vertrieb auf der einen Seite und den Banken auf der anderen Seite getrennt. Während die Initiatoren und der Vertrieb juristisch belangt werden konnten, hat der XI. Senat die Banken geschützt und die Auffassung vertreten, die Falschaussagen von Initiatoren und Vertrieb seien ihnen nicht zuzurechnen, die Darlehen müssten daher von den Zeichnern weiter bedient werden. Ebenso verfuhr der XI. Senat mit den Handlungsmöglichkeiten, die das Verbraucherkreditgesetz und das Haustürgeschäftewiderrufsgesetz den Anlegern geben; auch diese Rechte sollten im Ergebnis gegenüber den Banken nicht durchgreifen, auch dort mussten die Darlehen weiter bedient werden. Damit waren die Anleger im Ergebnis schutzlos gestellt. Denn gegen die Banken konnten sie nicht erfolgreich vorgehen, und Initiatoren und Vertrieb waren und sind in der Regel wirtschaftlich nicht ausreichend leistungsfähig.
Bei den verschiedenen Senaten des BGH ist danach zu unterscheiden, dass sie unterschiedliche Rechtsgebiete behandeln. Die Rechtssprechung des XI. Senats befasste sich mit der direkten Finanzierung von Eigentumswohnungen im Treuhändermodell sowie mit den Finanzierungen von Fonds auf der Ebene der jeweiligen Fondsgesellschaft. Der II. Senat hingegeben behandelt die Fälle der sog. Eigenkapitalrefinanzierung, also die Finanzierungen, die auf der Ebene der einzelnen Anleger zusätzlich zur Objektfinanzierung vereinbart wurden. Dennoch überschneiden sich die Bereiche, und diverse Argumente des II. Senats lassen sich auch auf der Ebene der Fondsgesellschaften anwenden.
Die neuen Urteile stammen allesamt vom anlegerfreundlichen II. Senat des Bundesgerichtshofes. Dieser II. Senat hat die frühere Rechtsprechung des XI. Senates mit äußerst klaren Worten kritisiert. Nunmehr müssen sich die Banken die rechtlichen Einwendungen der Anleger in einer Reihe von Fallkonstellationen tatsächlich entgegenhalten lassen. Endlich ist den Anlegern wirklich geholfen! Und damit wird zugleich einer selbstverständlichen Tatsache Rechnung getragen: Die Banken haben sich damals mit Initiatoren und Vertrieben abgestimmt und ihre Darlehen gemeinsam mit den Immobilienprodukten angeboten; nunmehr müssen die Banken auch haftungsmäßig mit Initiatoren und Vertrieb „in einem Boot sitzen“ und können sich nicht aus der Verantwortung lösen.
Aber was steht genau in den Urteilen? Welche Fallgruppen sind tatsächlich betroffen? Und wie können Sie persönlich vorgehen? Bitte lassen Sie mich diese Fragen in folgenden Schritten erörtern:
- Welche vier Fallgruppen hat der Bundesgerichtshof (BGH) behandelt? Bitte lesen Sie dazu nachfolgend Ziffer 2.)
- Wenn die neue Rechtsprechung des BGH einschlägig ist, welche Rechte haben Sie dann gegenüber der finanzierenden Bank? Die Antwort finden Sie nachfolgend unter Ziffer 3.).
- Über welche Fallkonstellationen lässt sich noch nichts Abschließendes sagen? Wie wird dort mutmaßlich die Entwicklung der Rechtsprechung aussehen? Bitte lesen Sie dazu nachfolgend Ziffer 4.)
- Unter Ziffer 5.) habe ich Ihnen eine Einschätzung niedergelegt, auf welche wichtigen Anbieter von Eigentumswohnungen und Fonds die Urteile anwendbar sind.
- Abschließend möchte ich Ihnen einen „Fahrplan“ geben, wie Sie in Ihren eigenen Angelegenheiten vorgehen können. Bitte lesen Sie dazu Ziffer 6.).
2.) Welche vier Fallgruppen hat der II. Senat des BGH behandelt?
2.1) Der Einstiegsbegriff: das „verbundene Geschäft“
Bitte machen Sie sich zunächst klar, dass in allen vier Fallgruppen ein Umstand immer gleich gewesen ist: Die Anleger hatten in allen Fällen ihren Eigenkapitalanteil durch ein persönliches Darlehen aufzubringen. Und dieses Darlehen haben sie zeitgleich mit dem Erwerb von Wohnung / Fonds aufgenommen. Es handelte sich in allen Fällen beim Erwerb von Wohnung/Fonds und der Aufnahme des Darlehens zur Eigenkapitalrefinanzierung um sogenannte verbundene Geschäfte. Und verbundenes Geschäft definiert der BGH so, dass Wohnung/Fonds und das Darlehen Ihnen durch dieselbe Vertriebsorganisation vermittelt worden sind.
Bitte fragen Sie sich also zunächst: „Habe ich damals die Wohnung / den Fonds und das dazu gehörende Darlehen über den gleichen Vertriebler vermittelt bekommen?“ Wenn Sie diese Frage mit „Ja!“ beantworten können, lesen Sie bitte hier weiter. Wenn Sie dagegen „Nein“ antworten müssen, weil Sie sich um das Darlehen selbst gekümmert haben oder weil das Darlehen auf Ebene des Fonds aufgenommen wurde, können Sie unter Ziffer 4.) zu den noch nicht gesicherten Fallkonstellationen weiter lesen.
2.2) Die erste Fallgruppe: Täuschung der Anleger
Die erste Fallgruppe ist die, dass Sie als Anleger bei Ihrer Entscheidung für den Erwerb der finanzierten Wohnung / des Fonds getäuscht worden sind. Hat man Ihnen bei Ihrer Entscheidung über den Erwerb von Wohnung / Fonds falsche Angaben gemacht? Zum Beispiel über die Kosten, die Vergütungen der Vertragspartner, die Rentabilität des Objektes, angebliche Mietgarantien, die Bonität der Mieter, den Standard der Bauausführung, die Qualität des Standortes, etc. etc.? Lang ist die Liste der wohlfeilen Anpreisungen, mit denen damals im Vertrieb gearbeitet worden ist. Und wenig davon hält einer Überprüfung am Maßstab der Wirklichkeit stand.
Wenn Sie eine solche Täuschung in Ihrem Fall belegen können, dann können Sie diese Einwendungen auch der Bank entgegen halten. Ausdrücklich sagt der BGH in den neuen Urteilen: „Wenn der Anleger bei dem Fondsbeitritt getäuscht worden ist, kann er die daraus gegen die Gründungsgesellschafter und die sonst für die Täuschung Verantwortlichen folgenden Schadensersatzansprüche auch der Bank entgegensetzen“ (Zitat nach U.v.14.06.2004 – II ZR 374/02, Leitsatz; ähnlich in den Parallelfällen). Die Bank sitzt also, wenn Sie solche Lügen in Ihrem Fall nachweisen können, mit Initiatoren und Vertrieb haftungsmäßig in einem Boot.
Darin liegt eine dramatische Kehrtwende! Früher hatte der bankenfreundliche XI. Senat den Banken immer mit dem Kunstgriff der sogenannten „Trennungstheorie“ geholfen. Die Banken sollten sich nur Falschangaben des Vertriebes zurechnen lassen müssen, die das Darlehen betrafen; dagegen sollten sie nicht für solche Falschangaben haften, die die Wohnung bzw. den Fonds betrafen. Mit diesem Kunstgriff, der die Banken schützen sollte, räumt der anlegerfreundliche II. Senat nun gründlich auf: Sind Sie damals belogen worden – und zwar gleichgültig, ob über die Eigenschaften des Darlehens oder der Immobilienbeteiligung – dann muss sich auch die Bank das entgegen halten lassen.
2.3) Die zweite Fallgruppe: nichtige Treuhändervollmachten
Die zweite Fallgruppe ist die, dass Sie den Darlehensvertrag bei Eigentumswohnungen bzw. den Darlehensvertrag der Eigenkapitalrefinanzierung bei Fondszeichnung nicht selbst unterzeichnet haben, sondern dabei in Vollmacht durch einen Geschäftsbesorger bzw. Treuhänder vertreten worden sind. Diese Vollmacht kann auf Grundlage des sogenannten Rechtsberatungsgesetzes nichtig sein. Ist das so, dann ist der Darlehensvertrag für Sie nicht verbindlich!
Auch hierbei geht der anlegerfreundliche II. Senat deutlich auf Distanz zum bankenfreundlichen XI. Senat. Denn der XI. Senat hatte häufig versucht, den Banken mit Hilfskonstruktionen wie „Duldungsvollmacht“ und „Rechtsschein“ zu helfen. Ein Rechtsschein sollte auf Grundlage der §§ 171, 172 BGB beispielsweise dann zustande kommen, wenn den Banken die Treuhändervollmacht bei Vertragsschluss im Original vorgelegen hatte. Auch mit diesen Hilfskonstruktionen, die der XI. Senat zugunsten der Banken angewendet hatte, räumt der II. Senat auf. Denn die Bank wisse bei den hier gewählten Anlagemodellen, „dass der Treuhänder keine Vertrauensperson des Anlegers ist, sondern ein Teil der einheitlichen, sowohl den Fondsbeitritt als auch die Darlehensgewährung betreffenden Vertriebsorganisation …. Bei dieser Sachlage kann die Bank …. nicht wie ein gutgläubiger Dritter behandelt werden … Eine Abwälzung der mit dem Vertriebskonzept verbundenen Risiken allein auf den Anleger erscheint in keiner Weise angemessen“ (zitiert nach U.v. 14.06.2004 – II ZR 393/02, Ordnungsziffer I.1.b)bb).
Also auch hier gilt: Die Banken sitzen mit den Initiatoren und Vertrieben in einem Boot. So wie sie damals gemeinsam die Projekte ins Leben gerufen haben, müssen sie nun auch gemeinsam die Folgen tragen.
2.4) Die dritte Fallgruppe: fehlende Angaben nach dem Verbraucherkreditgesetz
Die dritte Fallgruppe ist die, dass der damals von Ihnen unterzeichnete Darlehensvertrag nicht die nach dem Verbraucherkreditgesetz erforderlichen Mindestangaben enthielt. Nach dem Verbraucherkreditgesetz mussten in den Darlehensverträgen zahlreiche Angaben enthalten sein, so etwa
- der auf den einzelnen Anleger entfallende Nettokreditbetrag,
- der auf ihn entfallende Gesamtbetrag aller zur Tilgung und zur Begleichung der Zinsen und sonstigen Kosten zu entrichtenden Teilzahlungen
- und die Kosten einer etwa im Zusammenhang mit dem Darlehensvertrag abzuschließenden Kapitallebensversicherung.
Häufig fehlt es an einzelnen oder an allen Angaben, die das Verbraucherkreditgesetz vorsieht! Und die Folge ist dann wiederum, dass der Darlehensvertrag für Sie nicht verbindlich ist.
Auch hier räumt der II. Senat wieder mit Hilfskonstruktionen auf, die der XI. Senat zum Schutz der Banken entwickelt hatte. Insbesondere hilft es der Bank nicht, wenn sie den Darlehensbetrag an der Anbieter des Fonds bzw. der Eigentumswohnung ausbezahlt hatte. Auch der Kunstgriff des XI. Senates, der nur eine Unwirksamkeit des Darlehensvertrages annehmen wollte, den Anleger aber an den Immobilienerwerb binden wollte – wodurch eine Berufung auf das Verbraucherkreditgesetz wirtschaftlich unmöglich wurde! – wird vom II. Senat nicht anerkannt. In den hier gegebenen Fällen des verbundenen Geschäfts seien vielmehr beide Verträge unwirksam. Die Bank muss in diesen Fällen die „Schrottimmobilie“ bzw. den „Schrottfonds“ dem Anleger abnehmen, Geld vom Anleger bekommt sie nicht mehr, sondern muss im Gegenteil dem Anleger seine bereits erbrachten Leistungen zurück geben. Im einzelnen zu den Rechtsfolgen siehe unten.
2.5) Die vierte Fallgruppe: Widerruf nach dem Haustürgeschäftewiderrufsgesetz
Die vierte Fallgruppe ist die, dass Sie für den Erwerb von Fonds / Wohnung und den Darlehensabschluss durch einen Vertriebler bei Ihnen zu Hause geworben worden sind und dass Sie den Widerruf der Verträge erklärt haben. Wenn – was häufig der Fall ist – die Widerrufsbelehrungen nicht ordnungsgemäß formuliert waren, können Sie den Widerruf auch heute noch erklären. Es bedarf keiner Vertiefung, dass der anlegerfreundliche II. Senat auch hier mit Hilfskonstruktionen des bankenfreundlichen XI. Senates aufgeräumt hat.
Auch in diesem Fall muss sich die Bank mit der Wohnung / dem Fonds begnügen und hat keine Ansprüche mehr gegen Sie; im Gegenteil muss die Bank Ihnen die bereits erbrachten Leistungen zurück geben . Näheres dazu sogleich.
3.) Welche Rechte haben Sie als Anleger gegenüber der Bank?
Wenn Ihr Wohnungs-/Fondserwerb und Ihre Darlehensaufnahme verbundene Geschäfte waren und eine der eben geschilderten vier Fallgruppen einschlägig ist, dann gilt Folgendes:
Sie brauchen der Bank das Darlehen nicht zurückzubezahlen. Sie können die Zahlungen sofort einstellen.
- Die Bank muss Ihnen die bislang geleisteten Zins- und Tilgungsleistungen zurück geben. Das können Sie im Weigerungsfalle einklagen.
- Diesen Rückforderungsanspruch können Sie auch noch geltend machen, wenn Sie das Darlehen bereits vollständig zurück geführt haben.
- Auf Ihren Schadensersatzanspruch müssen Sie sich anrechnen lassen, was Sie bislang an Zahlungen aus dem Fonds bzw. der Wohnung erhalten haben (z.B. Ausschüttungen). Um diese Beträge reduziert sich also ihr Ersatzanspruch. Sie haben insoweit aber auch tatsächlich keinen Schaden.
- Auf ihren Schadensersatzanspruch müssen Sie sich die Steuervorteile anrechnen lassen, die Ihnen endgültig verbleiben. Dies bedarf der Klärung im Einzelfall.
- Sie übertragen der Bank Ihren Fondsanteil bzw. Ihre Wohnung.
- Sie übertragen der Bank die Ihnen zustehenden Schadensersatzansprüche gegen Initiatoren und Vertrieb .
Kurz gesagt: Sie kommen sauber aus der Sache heraus. Es liegt dann an der Bank, mit dem Schrottfonds bzw. der Schrottimmobilie und mit den damals von ihr selbst ausgewählten Vertragspartnern (Initiatoren / Vertrieb) alles weitere zu regeln. Sie selbst haben damit jedenfalls nichts mehr zu tun. Für Sie ist der Albtraum Schrottimmobilie erledigt.
4.) Welche Fälle sind durch die neuen Urteile noch nicht abschließend geklärt?
Wie oben bereits gesagt: Die sechs neuen Urteile beziehen sich ausnahmslos auf Fälle, in denen die Wohnungen bzw. Fondsanteile zusammen mit einem Darlehen vertrieben wurden, das der Anleger persönlich aufzunehmen hatte. Dies ist in allen entschiedenen Fällen durch die gleiche Vertriebsorganisation geschehen („verbundenes Geschäft“).
In der Praxis war dieser Ablauf zwar durchaus häufig. Ebenso häufig ist aber, dass das Darlehen auf Ebene des Fonds aufgenommen wurde und dass der Geschäftsführer / Geschäftsbesorger / Treuhänder dann eine weitere Erklärung abgegeben hat, wonach die Gesellschafter für diese Darlehen quotal haften sollten. Diese Regelungsform ist beispielsweise bei den großen Fonds in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts gewählt worden, die von den Vertriebsorganisationen Dr. Görlich und Ärzte-Treuhand, aber auch von anderen vertrieben wurden. Hier ist also die Ausgangskonstellation eine andere; es fehlt am „verbundenen Geschäft“ als Einstiegsbegriff der neuen Argumentation des BGH.
In diesen großen GbR-Fonds sind daher die neuen Urteile des BGH nicht unmittelbar anwendbar. Es scheint aber durchaus vorstellbar, dass einzelne Überlegungen aus den neuen Urteilen doch auf diese GbR-Fonds angewendet werden können. Dann könnte auch den Anlegern dieser Fonds mit den neuen Urteilen geholfen werden! Für übertragbar halte ich insbesondere folgende zwei Überlegungen:
- Die Überlegungen des II. Senats des BGH zur Nichtigkeit des Darlehensvertrages, wenn die Mindestangaben nach dem Verbraucherkreditgesetz fehlen, sind meines Erachtens auf die GbR-Fonds übertragbar. In den Erweiterungserklärungen zu den ursprünglichen Darlehensverträgen, in denen die Einbeziehung der Anleger-Gesellschafter geregelt wurde, fehlen diese Mindestangaben durchweg. Nirgends ist gesagt, welche Gesamtleistungen nunmehr auf den einzelnen Anleger-Gesellschafter entfallen etc. (im einzelnen siehe oben unter Ziffer 2.4). Rechtsfolge dürfte nach dem Schutzzweck des Verbraucherkreditgesetzes sein, dass die Einbeziehung der Anleger-Gesellschafter in die Darlehensverträge unwirksam wäre.
- Außerdem sind die Überlegungen des II. Senates, eine Rechtsscheinsargumentation zu Gunsten der Banken nicht zuzulassen, von allergrößter praktischer Bedeutung. Immer da, wo die finanzierenden Banken bei Vertragsschluss bereits die Originalvollmachten vorliegen hatten, kann den Anlegern nur noch dieses Argument helfen.
Diese Argumention kann in einer Vielzahl aktuell auf Ebene der Fondsgesellschaften laufender Sanierungsverhandlungen hilfreich sein. Hier empfehle ich Ihnen jedoch deutlich weiterhin die Vorgehensweise auf der Ebene der Gesellschaft insgesamt und nicht im Alleingang, da die Gesamtheit der Anleger eine stärkere Verhandlungsposition aufbauen kann als der Einzelne.
Ich rechne damit, dass die sechs neuen Urteile auch auf die Vielzahl von Streitigkeiten Auswirkungen haben werden, die sich derzeit um die großen GbR-Fonds ranken. Bereits im August und September finden mündliche Verhandlungen in Rechtsstreitigkeiten statt, die von unserer Kanzlei vertreten werden. Dann werden wir erste praktische Erfahrungen sammeln, wie die Instanzgerichte mit diesen beiden Argumenten umgehen. Der praktische Nutzen der neuen Entscheidungen dürfte jedenfalls auch für die Anleger dieser Fonds ganz erheblich sein.
5.) Die Wohnungen / Fonds welcher Anbieter sind betroffen?
Angesichts der riesigen Größe des Marktes kann ich hier nur eine kleine Übersicht geben.
Natürlich sind die Fonds der Anbieter betroffen, die unmittelbar Gegenstand der sechs neuen BGH-Urteile waren. Dies sind die Angebote der HAT und der WGS sowie bestimmte Angebote der Badenia und der Allianz.
Im Wohnungsbereich sind zahlreiche deutsche Banken betroffen. Am stärksten engagiert und damit naturgemäß auch am stärksten von den Urteilen betroffen ist die Hypovereinsbank. Aber nahezu alle deutschen Banken haben sich in diesem Geschäftsbereich betätigt und in Vertriebskonstellationen finanziert, die den Urteilen unterfallen.
Kreditfinanzierte Fondsbeteiligungen sind ebenfalls häufig anzutreffen. Sehr systematisch wurden Fondsanteile und zugehörige Fremdfinanzierungen angeboten im Bereich der großen LBB-Fonds und IBV-Fonds sowie im Vertriebsbereich der Organisationen von Egon Banghard und Mario Ohoven. Aber immer dann, wenn Sie Ihren Fondsanteil und das Darlehen vom gleichen Vertriebler bekommen haben („verbundenes Geschäft“), helfen die Urteile Ihnen weiter – immer allerdings unter der Voraussetzung, dass Sie die Täuschung beim Beitritt zum Fonds nachweisen können.
Im nicht gesicherten Bereich (oben unter Ziffer 4.) sind die Fonds der Dr. Görlich GmbH und der Ärzte-Treuhand sowie zahlreiche ähnlich gestrickte Modelle betroffen.
6.) Wie können Sie persönlich vorgehen?
Bitte suchen Sie als erstes Ihre alten Unterlagen heraus und prüfen Sie Ihr Gedächtnis. Bitte versuchen Sie, auf dieser Grundlage folgende Fragen zu beantworten:
- Wurden Ihnen Wohnung bzw. Fonds und Darlehen durch den gleichen Vertriebler angeboten („verbundenes Geschäft“)?
- Wenn ja, suchen Sie bitte nach den Einzelmerkmalen der vier Fallgruppen:
- Wurden Ihnen Ihrer Meinung nach falsche Angaben gemacht? Sehen Sie Ansatzpunkte, dass man Falschangaben auch beweisen kann, gegebenenfalls mit fachkundiger Unterstützung?
- Hat ein Treuhänder o.ä. für Sie in Vollmacht gehandelt?Fehlen die Mindestangaben nach dem Verbraucherkreditgesetz?
- Wurden Sie bei sich zu Hause eingeworben?
- Wenn Sie eine dieser Fallgruppen nachweislich bejahen können, können Sie bei der Bank die Zahlungen einstellen und Ihren Rückforderungsanspruch geltend machen. Bieten Sie im Gegenzug Ihre Wohnung / Ihren Fondsanteil sowie die Abtretung aller Ansprüche gegen Initiatoren und Vertrieb ausdrücklich an.
- Das alles ist vermintes Gelände! Ein Fehler in der rechtlichen Einschätzung kann für Sie sehr teuer werden. Denn wenn Sie sich geirrt haben und die Bank tatsächlich weitere Zahlung verlangen kann, dann kommt auf Sie ein verlorener Rechtsstreit zu, und Sie müssen alles einschließlich weiterer Zinsen und Kosten doch bezahlen – und zwar auf einmal, nicht in erträglichen Einzelraten. Deshalb lassen Sie sich bitte vor Einleitung des Streits mit der Bank rechtlich beraten, ob die Urteile in Ihrem persönlichen Fall tatsächlich eine belastbare Entscheidungsgrundlage sind.
Für Rückfragen stehen Ihnen in der Kanzlei des Unterzeichners sieben qualifizierte Juristen zur Verfügung. Weitere fachlich qualifizierte Kanzleien im gesamten Bundesgebiet sind gleichfalls in der Materie tätig. Außerdem finden Sie Unterstützung beim Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e.V., dem führenden Verein, der Anlegern steuerorientierter Kapitalanlagen hilft.
Hilfreiche Telefonnummern und internet-Adressen:
- Schirp Schmidt-Morsbach Apel, Tel. 030-3276170, internet-Adresse www.schirp.com
- Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e.V., Tel. 08633-506714, internet-Adresse www.aktionsbund.de
- das wirtschaftliche Beratungsteam des Aktionsbundes Aktiver Anlegerschutz e.V., insbesondere Frau Kerstin Kondert, Tel. 030-887151-0, internet-Adresse www.km-management.com
- Den Volltext der Urteile können Sie über die internet-Seite des Bundesgerichtshofes abrufen. Adresse: www.bundesgerichtshof.de