Aktuelle Entwicklung in der Corona-Rechtsprechung: Vorerst keine Zahlung für die durch Corona-Krise betroffenen Gewerbebetreibenden durch die Betriebsschließungsversicherung.
Bundesweit begehren hunderte Gewerbebetreibenden von Versicherern klageweise Auszahlungen aus der Betriebsschließungsversicherung für die Corona-Zwangsschließungen im Frühjahr 2020. Mit einem Urteil vom 17. September 2020 (Az. 12 O 7208/20) hat das Landgericht München die Klage einer Kindertagesstätte gegen einen Versicherer abgewiesen. Zur Begründung trägt das Gericht im Wesentlichen vor, dass die Versicherungsbedingungen für den Eintritt des Versicherungsfalles eine vollständige Betriebsschließung voraussetzen. Die Kindertagesstätte wurde jedoch in Notbetreuung weiterbetrieben.
Das Gericht hat sich mit zwei wesentlichen Streitpunkten, die auch für weitere Verfahren relevant sind, nicht auseinandergesetzt. Das Gericht ließ zunächst erneut die Frage offen, ob eine faktische Schließung des Betriebes – also die Fortsetzung eines Betriebes in gänzlich unerheblichem Umfang – ausreicht, um den Versicherungsfall auszulösen.
Da die Kindertagesstätte mit ca. 1/3 des Normalbetriebes im Einsatz war, läge nach Ansicht des erkennenden Gerichtes keine faktische Schließung vor. Das erscheint bei kaufmännischer Betrachtungsweise als lebensfremd; ein kostendeckender Betrieb dürfte bei nur 1/3 der Kapazität nicht möglich sein. An der tatsächlichen Beeinträchtigung des Versicherungsnehmers, bis hin zur vollständigen Existenzvernichtung, lässt sich also kaum deuteln. Weiterhin setzte sich das Gericht nicht mit der Wirksamkeit der streitigen Klausel in den Versicherungsbedingungen auseinander. Der Versicherer trug insoweit vor, dass der Versicherungsschutz nur für die Krankheiten und Erreger gelte, die im Versicherungsvertrag ausdrücklich genannt sind. Hierzu gehöre angeblich COVID 19 nicht.
Die Wirksamkeit dieser Klausel in den Versicherungsbedingungen ist sehr umstritten. Bis jetzt ist die Frage von Gerichten jedoch nicht eindeutig geklärt.
Fazit:
Die oben genannte Entscheidung zeigt erneut, dass das Vorgehen gegen den Versicherer für die durch die Corona-Zwangsschließungen betroffenen Betriebe mit hohen Hürden behaftet ist. Gerade für viele Gastronomiebetreiber, die den regulären Betrieb im Frühjahr 2020 zwar eingestellt haben, die ihre Speisen jedoch zum Mitnehmen angeboten haben oder mit Lieferservice an den Kunden ausgeliefert haben, ist das Urteil nicht hilfreich. Auch bei derart betroffenen Gastronomen könnte es, wenn man der Argumentation des LG München folgt, aufgrund der nicht ganz vollständigen Betriebsschließung an dem Versicherungsfall mangeln. Hierin liegt natürlich auch eine traurige Ironie; denn es wird gerade Derjenige bestraft und um die Versicherungsansprüche gebracht, der unter Aufbietung aller Kräfte um Reste seiner Existenz gekämpft und dabei vielleicht auch den einen oder anderen Arbeitsplatz erhalten hat.
Wir haben von Anfang an für unseren Mandanten eine andere Strategie gewählt. Wir halten es für eine erfolgversprechendere und günstigere Variante, direkt gegen das jeweilige Bundesland zu klagen, welches die Betriebsschließung angeordnet hat. Die vorliegende Entscheidung hat erneut gezeigt, dass die Klage gegen die jeweilige Landesregierung für die betroffenen Unternehmer eine bessere Alternative darstellt.